Rz. 110
Trennen sich die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, ändert allein diese Tatsache nicht den Bestand der elterlichen Sorge für ein gemeinsames Kind. Dabei ist egal, ob beide gemeinsam die elterliche Sorge inne hatten oder aber ob ausschließlich die Mutter Inhaberin der elterlichen Sorge war. Eine Änderung der bisherigen Situation kann nur durch gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden. Während bis 2012 der Vater eines außerhalb einer Ehe geborenen Kindes die elterliche Sorge nach Trennung von der Mutter nur mit deren Zustimmung erhalten konnte, besteht dieses Hindernis aktuell nicht mehr. Der Vater hat nun die Möglichkeit, auch gegen den Willen der Mutter die Alleinsorge zu erhalten.
a) § 1671 Abs. 1 BGB
Rz. 111
Leben Eltern nicht nur vorübergehend voneinander getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt, § 1671 Abs. 1 S. 1 BGB. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Abs. 1 ist dem Wortlaut nach nicht, dass die Eltern miteinander verheiratet sind. Ein Antrag nach § 1671 Abs. 1 BGB ist also auch möglich, wenn die Eltern eines außerhalb einer Ehe geborenen Kindes die gemeinsame elterliche Sorge gemäß § 1626a Abs. 1 und 2 BGB haben und es nun um die Frage geht, ob ein Elternteil die elterliche Sorge auf sich allein übertragen lassen kann. Antragsberechtigt können beide Elternteile sein.
Rz. 112
Der Wortlaut des § 1671 Abs. 1 S. 1 BGB setzt eine "Trennung" der Eltern voraus. Was Trennung ist, definiert § 1567 BGB. Danach leben Ehegatten voneinander getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Bei Eltern eines außerhalb einer Ehe geborenen Kindes bestand von vornherein keine Ehe, so dass der Wortlaut des § 1567 BGB nicht wörtlich anwendbar sein kann. Aber die Frage ist, ob die Eltern, die die gemeinsame Sorge für ihr Kind erlangt haben, also entweder eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben haben oder das Familiengericht die gemeinsame Sorge übertragen hat, zwingend in Form einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen gewesen sein müssen. Denn dann würde beispielsweise einem Vater, der mit der Mutter des Kindes nicht liiert war, keine Möglichkeit haben, die alleinige Sorge gemäß § 1671 Abs. 1 BGB auf sich übertragen zu lassen, obwohl er zuvor Inhaber der gemeinsamen Sorge war. Das wäre widersprüchlich, zumal eine Übertragung sich an den Voraussetzungen des § 1671 BGB messen lassen muss. Deshalb ist das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und die anschließende Trennung für die Möglichkeit eines Elternteils, einen Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge auf sich allein jedenfalls dann nicht Voraussetzung, wenn zuvor die gemeinsame Sorge bestand. Die Eltern müssen also nicht zusammengelebt haben.
Rz. 113
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu einem Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge oder eines Teils desselben wird auf die Ausführungen in dem Buch aus der Reihe des Familienrechtlichen Mandats zu Sorge- und Umgangsrecht verwiesen.
b) § 1671 Abs. 2 BGB
Rz. 114
§ 1671 Abs. 2 BGB regelt hingegen einen anderen Fall, nämlich wegen seines Verweises auf § 1626a Abs. 3 BGB denjenigen, dass zunächst die Mutter eines außerhalb einer Ehe geborenen Kindes alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge ist und nunmehr der Vater die Übertragung auf sich beantragt. Antragsberechtigt ist nur der Vater.
aa) Trennung
Rz. 115
Auch hier schreibt der Gesetzeswortlaut zunächst vor, dass die Eltern voneinander getrennt leben müssen. Während es im Zusammenhang mit § 1671 Abs. 1 BGB unstimmig wäre, würde man das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft voraussetzen, ist dies im Falle des § 1671 Abs. 2 BGB fraglich. Zwar ist § 1671 Abs. 2 BGB spiegelbildlich zu § 1671 Abs. 1 BGB aufgebaut, weshalb die Fälle erfasst sein könnten, in denen die Eltern nie zusammengelebt haben. Dennoch passt diese Auslegung des Wortlauts zugunsten des Vaters des außerhalb einer Ehe geborenen Kindes nicht zu den Gedanken, von denen sich der Gesetzgeber und die Rechtsprechung sonst leiten lassen. Im Vordergrund steht immer, dass das Kind einer Gemeinschaft, einer Familie, rechtlich zugeordnet wird und insofern mit dem ehelichen Kind gleichbehandelt wird. Das aber wird bei Verzicht auf die Tatbestandsvoraussetzung der Trennung nicht mehr gewährleistet. Denn erfasst sind dann auch Fälle, in denen der Vater weder mit dem Kind noch mit der Mutter zusammengelebt hat und auch bislang weder gemeinsam mit der Mutter eine Sorgeerklärung abgegeben hat noch die gemeinsame Sorge gerichtlich beantragt hat. Unter ...