Leitsatz

In einem Sorgerechtsverfahren hatte die Mutter beantragt, die elterliche Sorge für die im Jahre 1996 geborene Tochter und den im Jahre 2001 geborenen Sohn auf sie allein zu übertragen. Die Trennung der Eltern war im Frühjahr 2002 erfolgt. Beide Eltern waren mit anderen Partnern verheiratet. Die Kinder hatten seit ihrer Geburt ununterbrochen in dem Haushalt ihrer Mutter gelebt. Der Vater hat sich für eine Fortdauer der gemeinsamen elterlichen Sorge ausgesprochen und hilfsweise die Übertragung der Alleinsorge auf sich begehrt.

Das erstinstanzliche Gericht hat die elterliche Sorge auf die Mutter allein übertragen. Die hiergegen von dem Vater gerichtete Beschwerde wurde vom OLG zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgte er sein Begehren weitere.

 

Sachverhalt

Die Mutter hatte mit dem Vater eine langjährige nichteheliche Beziehung, aus der eine im Jahre 1996 geborene Tochter und ein im Jahre 2001 geborener Sohn hervorgegangen waren. Die Eltern hatten durch Erklärungen gegenüber dem Jugendamt die gemeinsame elterliche Sorge für beide Kinder erlangt. Beide Kinder lebten von Geburt an durchgehend im Haushalt ihrer Mutter. Der verheiratete Vater lebte auch während der Beziehung zur Mutter mit seiner Ehefrau zusammen, mit der er bereits zwei erwachsene Kinder hatte. Nach Beendigung der Beziehung der Eltern im Frühjahr 2002 lebte die Mutter mehrere Jahre mit einem neuen Partner zusammen, mit dem sie zwischenzeitlich verheiratet war.

Beide Kinder hatten zunächst Kontakt zu ihrem Vater, bis die Mutter im Februar 2003 jeden Umgang mit der Begründung unterband, die Ehefrau des Vaters habe ihr von dessen angeblicher Pädophilie berichtet. Es bestehe der konkrete Verdacht des sexuellen Missbrauchs der Tochter durch den Vater. In einem anschließenden Umgangsrechtsverfahren wurde ein psychologisches Sachverständigengutachten eingeholt, welches den Verdacht auf sexuellen Missbrauch der Tochter durch den Vater nicht bestätigte. Die in dem seit März 2004 rechtskräftig abgeschlossenen Umgangsrechtsverfahren angeordnete Durchführung von zehn beschützten Umgangskontakten zwischen dem Vater und den Kindern fand durch Vermittlung des Deutschen Kinderschutzbundes zwischen April 2004 und Januar 2005 statt. Einem daran anschließenden unbegleiteten Umgang widersetzte sich die Mutter. In einem von ihr im Januar 2005 eingeleiteten Umgangsrechtsverfahren verfolgte sie das Ziel, den Umgang der Kinder mit ihrem Vater für die Dauer von drei Jahren auszuschließen.

In einem Sorgerechtsverfahren hat die Mutter den Antrag gestellt, die elterlich Sorge für die beiden Kinder auf sie alleine zu übertragen. Der Vater ist dem Antrag entgegengetreten und hat sich für die Fortdauer der gemeinsamen elterlichen Sorge ausgesprochen sowie hilfsweise die Übertragung der Alleinsorge auf sich begehrt.

Das FamG hat die elterliche Sorge auf die Mutter übertragen. Ein Rechtsmittel des Vaters gegen diesen Beschluss war beim OLG ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgte er sein Begehren weiter.

 

Entscheidung

Das Rechtsmittel des Vaters hatte keinen Erfolg. Der BGH hat an seiner bereits in früheren Entscheidungen unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien angenommenen Position festgehalten, wonach aus dem Gesetz kein Regel-/Ausnahmeverhältnis zugunsten des Fortbestandes der gemeinsamen elterlichen Sorge abgeleitet werden könne. Ebenso wenig bestehe eine gesetzliche Vermutung dafür, dass die gemeinsame elterliche Sorge nach der Trennung der Eltern im Zweifel die für das Kind beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung sei (BGH v. 29.9.1999 - XII ZB 3/99, FamRZ 1999, 1646, 1647; v. 11.5.2005 - XII ZB 33/04, FamRZ 2005, 1167; vgl. auch BVerfG FamRZ 2004, 354, 355).

Dem Kindeswohl entspreche eine auch weiterhin gemeinsame Ausübung des Sorgerechts nur dann, wenn ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Belangen der elterlichen Sorge bestehe. Wenn angesichts der Entwicklung in der Vergangenheit die begründete Besorgnis bestehe, dass die Eltern auch in Zukunft nicht in der Lage sein würden, ihre Streitigkeiten in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen, sei die erzwungene Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl nicht zuträglich. Ein fortgesetzter destruktiver Elternstreit führe für ein Kind zwangsläufig zu erheblichen Belastungen. Dies sei unabhängig davon, welcher Elternteil die Verantwortung für die fehlende Verständigungsmöglichkeit trage.

In der Sache hat der BGH die Entscheidungen des FamG und des OLG im Ergebnis gebilligt, auch wenn angesichts der Vorgeschichte des Sorgerechtsverfahrens Zweifel an der Erziehungseignung der Mutter bestünden. Ungeachtet dessen, dass sich der von der Kindesmutter geäußerte Verdacht des sexuellen Missbrauchs der Tochter durch den Vater nicht bestätigt habe, habe sie ihre Verweigerungshaltung hinsichtlich einer Umgangsregelung mit dem Vater fortgesetzt. Der unbegründete Vorwurf sexuellen Mi...

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