Rz. 121

Dem Antrag ist stattzugeben, wenn eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht, § 1671 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB. Während nach altem Recht Voraussetzung für eine Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf den Vater eine Kindeswohlgefährdung bei Fortbestand der alleinigen elterlichen Sorge der Mutter war,[117] kommt es nun darauf an, ob eine gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge im Hinblick auf das Kindeswohl ausscheidet.[118] Für diese Entscheidung zugrunde zu legen sind die Grundsätze des gesetzlichen Leitbildes, das von einer gemeinsamen elterlichen Sorge ausgeht. Allein Verständigungsprobleme reichen für eine positive Entscheidung zugunsten des antragstellenden Vaters nicht aus. Denn Verständigungsprob­leme sind im Zuge von Trennungen die Regel. Die hieraus erwachsenen Anforderungen werden über­tragen auf die Erwägungen, die bei einer Entscheidung, ob dem Vater eines außerhalb einer Ehe geborenen Kindes die Alleinsorge übertragen werden soll, heranzuziehen. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass durch den Wechsel der elterlichen Sorge von der Mutter auf den Vater das dem Leitbild zugrunde liegende Bedürfnis des Kindes nach Stabilität und Kontinuität berührt wird.[119]

 

Rz. 122

Das Gericht hat deshalb zunächst zu prüfen, ob die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge zumindest in Teilbereichen möglich ist.[120] Hierzu muss es die objektive Kooperationsfähigkeit und die subjektive Kooperationswilligkeit beider Elternteile prüfen.[121]

 

Rz. 123

Schließlich kommt es darauf an, ob die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf den Vater dem Kindeswohl am besten entspricht. Das kann nur der Fall sein, wenn er besser als die Mutter in der Lage ist, die Entwicklung und Erziehung des Kindes zu gewährleisten.[122] Hierzu ist im konkreten Fall ausführlich vorzutragen.

 

Rz. 124

Letztlich erfolgt eine doppelte Kindeswohlprüfung.[123] Diese erfordert zwei Prüfungsschritte:

1. Die Aufhebung der elterlichen Sorge der Mutter muss im Interesse des Kindes liegen.
2. Die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater ist dem Kindeswohl am besten dienlich.
[117] OLG Celle, Beschl.v. 16.1.2014 – 10 UF 80/13, openJur 2014, 2795, FamRZ 2014, 857.
[118] BT-Drucks 17/11048, S. 20.
[119] OLG Celle, Beschl. v. 16.1.2014 – 10 UF 80/13, openJur 2014, 2795, FamRZ 2014, 857; PWW/Ziegler, § 1671 BGB Rn 66.
[120] Palandt/Götz, § 1671 BGB Rn 49.
[121] Völker/Clausius, Das FamRMandat – Sorge- und Umgangsrecht, § 1 Rn 311.
[122] Palandt/Götz, § 1671 BGB Rn 50.
[123] Völker/Clausius, Das FamRMandat – Sorge- und Umgangsrecht, § 1 Rn 312.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge