Rz. 7

Mit Ende des zweiten Weltkrieges war dieses Regelungssystem nicht mehr zeitgemäß. Viele Frauen waren alleinerziehend, die Zahl der außerhalb einer Ehe geborenen Kinder stieg an. Trotzdem wurde der Mutter eines nicht in der Ehe geborenen Kindes erst 1961 durch das Familienrechtsänderungsgesetz die Möglichkeit eröffnet, die Übertragung des Sorgerechts für ihr Kind – damals noch die elterliche Gewalt – auf sich übertragen zu lassen. Zudem fand sich nun eine Definition der Ehelichkeit, die ein Kind für ehelich erklärte, wenn die Frau es vor oder während der Ehe empfangen und der Mann ihr innerhalb der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Ehelichkeit konnte also eine Zeitspanne umfassen, die auch vor oder nach einer Ehe lag, die Möglichkeit, ehelich geboren zu werden, wurde zeitlich ausgedehnt. Folgende Normen wurden in das BGB eingefügt:

Zitat

§ 1591 Abs. 1 S. 1 BGB:

"Ein Kind, das nach der Eheschließung geboren wird, ist ehelich, wenn die Frau es vor oder während der Ehe empfangen und der Mann innerhalb der Empfängniszeit beigewohnt hat; dies gilt auch, wenn die Ehe für nichtig erklärt wird."[6]

§ 1707 Abs. 2 BGB:

"Das Vormundschaftsgericht kann einer volljährigen Mutter auf Antrag die elterliche Gewalt über das Kind übertragen. Das Gericht kann einzelne Angelegenheiten oder einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten von der Übertragung ausnehmen."[7]

 

Rz. 8

Doch unverändert bestand kein verwandtschaftliches Verhältnis zwischen Vater und nichtehelichem Kind, ebenso wenig wie damit einhergehende Ansprüche. Noch immer zuständig für das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Vermögenssorge war zunächst das Vormundschaftsgericht. Erst durch Antrag der Mutter, über den das Vormundschaftsgericht zu entscheiden hatte, konnte die elterliche Gewalt auf die Mutter übertragen werden.

 

Rz. 9

Welche Bedeutung haben diese Regelungen für die nichteheliche Lebensgemeinschaft? Die Antwort lässt sich erahnen: es gab sie nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht. Es gab die Ehe mit den hieraus hervorgegangenen Kindern. Und es gab die Fälle, dass eine Frau von einem Mann, mit dem sie nicht verheiratet war, schwanger wurde und außerhalb einer Ehe ein Kind zur Welt brachte. Diese Situationen waren geregelt. Aber ein Zusammenleben ohne "Trauschein" der Eltern schien rechtlich nicht vorgesehen zu sein. Die heute gängige Lebensalternative der nichtehelichen Lebensgemeinschaft war nicht nur nicht vorgesehen, sondern wurde auch nicht toleriert.

[6] Familienrechtsänderungsgesetz 1961, BGBl Jahrgang 1961, Teil I, S. 1222.
[7] Familienrechtsänderungsgesetz 1961, BGBl Jahrgang 1961, Teil I, S. 1223.

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