Rolf Schaefer, Dipl.-Jur. Malte Schaefer
Rz. 23
Bei der außergerichtlichen Tätigkeit von Rechtsanwälten unterscheidet man Beratung, vertragsgestaltende Tätigkeit und außergerichtliche Vertretung. Mit dem Prozessauftrag endet die außergerichtliche Vertretung.
Rz. 24
Wenn der Rechtsanwalt berät, erhält er im Allgemeinen eine Gebühr nach § 34 RVG. Wenn er seinen Mandanten außergerichtlich vertritt, entsteht eine Gebühr nach Nr. 2300 VV. Gleiches gilt, wenn er einen Arbeitsvertrag entwirft (Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 VV). Setzt der Anwalt mit einfachen außergerichtlichen Schreiben die Interessen des Mandanten durch, erhält er seine Tätigkeit ausnahmsweise nach Nr. 2301 VV vergütet (zur Abgrenzung und zur Höhe der Gebühr vgl. § 3 Rdn 53).
Rz. 25
Der Streitwert für die außergerichtliche Tätigkeit bestimmt sich nach dem Gegenstandswert, den ein tatsächlich nachfolgendes gerichtliches Verfahren haben wird oder den ein fiktiv nachfolgendes gerichtliches Verfahren hätte, § 23 Abs. 1 S. 1 und 3 RVG.
Rz. 26
Wenn die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte, richtet sich der Gegenstandswert gemäß § 23 Abs. 3 S. 1 RVG nach den dort genannten Vorschriften des Gericht- und Notarkostengesetzes (GNotKG). Dabei ist insbesondere § 99 Abs. 2 GNotKG (früher § 25 Abs. 2 KostO) zu prüfen. Findet sich in dieser Vorschrift und auch in den anderen in § 23 Abs. 3 S. 1 RVG genannten Vorschriften des GNotKG keine einschlägige Vorschrift, ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen. Sollten auch für eine solche Bestimmung keine Anhaltspunkte im Sachverhalt zu finden sein oder sollte es um nichtvermögensrechtliche Gegenstände gehen, ist auf den Hilfswert von 5.000 EUR nach § 23 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 RVG zurückzugreifen. Nach dem Wortlaut von § 23 Abs. 3 S. 2 RVG kann dieser Auffangwert jedoch auch höher oder niedriger Bemessen werden. Das Maximum ist jedoch 500.000 EUR.
I. Einleitung
Rz. 27
Auch bei der außergerichtlichen Tätigkeit muss zunächst die Frage beantwortet werden, ob sich die Tätigkeit des Anwalts auf eine oder auf mehrere Angelegenheiten bezieht (zum Begriff der gesonderten Angelegenheit siehe Rdn 3). Im Arbeitsrecht sind typische Fallkonstellationen von der Rechtsprechung bislang nicht beurteilt worden, anders als bei anwaltlicher Tätigkeit, die im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen erbracht wird.
Wenn die Gebühren einer Angelegenheit berechnet werden sollen, muss zunächst die Frage beantwortet werden, welchen Wert der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hatte. Regelmäßig wird man zur Bestimmung des Gegenstandswerts auf gerichtliche Beschlüsse zurückgreifen, die über den Wert für einen entsprechenden Streitgegenstand in einem gerichtlichen Verfahren entschieden haben. Daneben gibt es seit 2013 den Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit, für die im Arbeitsrecht häufig auftretenden Fälle (Anhang, siehe § 9 Rdn 1 f.). Auch dieser bietet Anhaltspunkte für die Bestimmung eines außergerichtlichen Streitwertes.
II. Auftrag zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Rz. 28
Wird der Anwalt vom Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber damit beauftragt, eine einverständliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindungszahlung des Arbeitgebers zu vereinbaren, ist dies grundsätzlich ein Auftrag, der nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein kann. Gerichte können eine einverständliche Regelung vorschlagen und protokollieren. Entscheiden können sie so nicht. Ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis kann ein Arbeitsgericht genauso wenig aufheben wie dem Arbeitnehmer bei einer Eigenkündigung eine Abfindung zusprechen. Wenn ein Mandant seinem Anwalt einen Auftrag erteilt, der nicht gerichtlich umgesetzt werden kann, ist das gerichtliche Verfahren keine Ausstiegsalternative. Mandant und Anwalt müssen sich zum Erreichen des angestrebten Ziels innerhalb der Rechtsordnung etwas anderes als ein gerichtliches Verfahren einfallen lassen. Dieses hat zur Folge, dass der Streitwert gem. § 23 Abs. 2 RVG i.V.m. § 99 GNotKG zu berechnen ist.
Rz. 29
Davon zu unterscheiden sind Fälle, bei denen der Arbeitgeber im Vorfeld einer Kündigung eine einvernehmliche Regelung sucht oder der Arbeitnehmer vor einer fristgerechten Eigenkündigung eine einvernehmliche Beendigung erreichen will. Solche Fälle gehen einem gerichtlichen Verfahren voraus und fallen daher noch unter die Bestimmung des § 23 Abs. 1 S. 3 RVG.
Rz. 30
Das Amtsgericht Hamburg wendete bei einem Auftrag zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Verweisung ins GNotKG an. Auf eine solche Regelung könne nicht geklagt werden. Demgegenüber will das OLG Hamm die Wertvorschriften für das gerichtliche Verfahren schon dann anwenden, wenn die vorgerichtliche Tätigkeit des Anwalts und das gerichtliche Verfahren, das sie vorbereiten oder vermeiden soll, die...