Rolf Schaefer, Dipl.-Jur. Malte Schaefer
Rz. 47
Der Gesetzgeber hat zum Schutze des Arbeitnehmers mit § 42 Abs. 2 GKG für Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses eine Norm geschaffen, die den Streitwert auf einen Quartalsverdienst begrenzt. Ein Quartalsverdienst ist etwas anderes als ein dreifacher Monatsverdienst. Bei dem Quartalsverdienst werden alle Bezüge im laufenden Kalenderjahr, also auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie die Privatnutzung des Firmenfahrzeuges, addiert und durch vier (Quartale) dividiert.
Rz. 48
Tipp:
In der Klageschrift sollte gleich das durchschnittliche monatliche Bruttoeinkommen angegeben werden. Für den Arbeitnehmer erreicht man damit häufig, dass diese Zahlen für die Berechnung der Abfindung zugrunde gelegt werden. Zumindest wird deutlich, dass die über Monatsverdienste berechnete Abfindung zu Lasten des Arbeitsnehmers unberücksichtigt lässt, dass auch Sonderzahlungen durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegfallen. Der Rechtsanwalt erspart sich damit zum Schluss der mündlichen Verhandlung Diskussionen über den Unterschied zwischen Quartalsverdienst und dreifachem Monatsverdienst.
Rz. 49
Nach der ersten Fassung des Streitwertkatalogs sollte bei Arbeitsverhältnissen, die kürzer als sechs Monate bestanden, nur ein Monatsgehalt der Streitwert sein. Diese Auffassung entsprach nicht der gesetzlichen Regelung. Entscheidend ist der Streitstoff, nicht woraus er resultiert. Zutreffend stellt die aktuelle Fassung des Streitwertkatalogs auf die Vergütung für ein Vierteljahr ab und berücksichtigt ausnahmsweise einen geringeren Wert, wenn die Auslegung des Klageantrags und der Klagebegründung ergibt, dass nur ein Fortbestand des Arbeitsverhältnisses von unter drei Monaten im Streit ist.
Rz. 50
Ziel einer jeden Kündigungsschutzklage ist es, dass das Arbeitsverhältnis in Zukunft weiter besteht. Diese Bedeutung muss sich auch im Streitwert widerspiegeln.
Rz. 51
Rechtlich umstritten war bereits vor dem Streitwertkatalog die Frage, ob bei Kündigungsschutzklagen der Quartalsverdienst als Gegenstandswert regelmäßig festzusetzen ist oder ob der Vierteljahresverdienst als Obergrenze für den vom Gericht nach freiem (pflichtgemäßem) Ermessen festzusetzenden Streitwert anzusehen ist. Ausgehend von älteren Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes zur Zulässigkeit des Rechtsmittels bestand der Streit in den Instanzgerichten vor allem darum, ob bei kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen (kürzer als sechs Monate) oder bei unstreitigem Ende in den nächsten drei Monaten geringere Werte anzunehmen sind.
Rz. 52
Das LAG Hessen stellt auf den Zeitraum ab, auf den sich die Kündigungsschutzklage "richtet" und will bei außerordentlichen Kündigungen auch unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation keine Streitwerterhöhung annehmen. Dieses ist so nun auch im Streitwertkatalog festgehalten.
Rz. 53
§ 42 Abs. 2 S. 1 GKG enthält für Bestandsstreitigkeiten einen eigenen Streitwertrahmen, innerhalb dessen gemäß § 3 ZPO durch das Gericht ein freies Ermessen auszuüben ist. Es ist von dem wirtschaftlichen Interesse der klagenden Partei an dem Streitgegenstand auszugehen. Bei Streitigkeiten um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses ist es für das wirtschaftliche Interesse an der begehrten Feststellung von entscheidender Bedeutung, welchen konkreten wirtschaftlichen Wert das Arbeitsverhältnis für die klagende Partei darstellt. Dies gilt für eine Feststellungsklage nach § 4 KSchG genauso wie für die Feststellungsklage nach § 256 ZPO. Es kommt daher nicht darauf an, wie stark sich das Arbeitsverhältnis in der zurückliegenden Zeit verfestigt hat. Deshalb ist bei einer Bestandsstreitigkeit nicht vor allem die bisherige Bestandsdauer maßgeblich. Es ist auf das unmittelbare wirtschaftliche Interesse des Arbeitnehmers am verfolgten Feststellungsantrag abzustellen. Soll damit die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit erreicht werden, so ist das wirtschaftliche Interesse grundsätzlich das gleiche, egal ob das Arbeitsverhältnis zwei Monate, zwei Jahre oder fünfzehn Jahre bestanden hat. Immer handelt es sich darum, dass der Arbeitnehmer seine Existenzgrundlage erhalten will. Maßgeblich sind daher allein die angekündigten oder gestellten Klaganträge und die dazu gelieferte Begründung.
Rz. 54
Wenn neben einer punktuellen Feststellungsklage ein allgemeiner Feststellungsantrag gestellt wird (sogenannter Schleppnetzantrag) und der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach den Anträgen bis zu einem weit in der Zukunft liegenden Zeitpunkt geltend gemacht wird, rechtfertigt dies trotz einer kurzen Beschäftigungsdauer das behauptete Interesse des Klägers, mit einem Quartalsverdienst anzunehmen. Es soll somit keine weitere Erhöhung des Streitgegenstands vorgenommen werden. Nach dem Streitwertkatalog soll ein isolierter allgemeiner Feststellungsantrag höchstens mit der Vergütung für ein Vierteljahr bewertet werden. Der gleiche Antrag neben punktuellen Bestandsschutzanträgen soll n...