Rolf Schaefer, Dipl.-Jur. Malte Schaefer
Rz. 28
Wird der Anwalt vom Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber damit beauftragt, eine einverständliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindungszahlung des Arbeitgebers zu vereinbaren, ist dies grundsätzlich ein Auftrag, der nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein kann. Gerichte können eine einverständliche Regelung vorschlagen und protokollieren. Entscheiden können sie so nicht. Ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis kann ein Arbeitsgericht genauso wenig aufheben wie dem Arbeitnehmer bei einer Eigenkündigung eine Abfindung zusprechen. Wenn ein Mandant seinem Anwalt einen Auftrag erteilt, der nicht gerichtlich umgesetzt werden kann, ist das gerichtliche Verfahren keine Ausstiegsalternative. Mandant und Anwalt müssen sich zum Erreichen des angestrebten Ziels innerhalb der Rechtsordnung etwas anderes als ein gerichtliches Verfahren einfallen lassen. Dieses hat zur Folge, dass der Streitwert gem. § 23 Abs. 2 RVG i.V.m. § 99 GNotKG zu berechnen ist.
Rz. 29
Davon zu unterscheiden sind Fälle, bei denen der Arbeitgeber im Vorfeld einer Kündigung eine einvernehmliche Regelung sucht oder der Arbeitnehmer vor einer fristgerechten Eigenkündigung eine einvernehmliche Beendigung erreichen will. Solche Fälle gehen einem gerichtlichen Verfahren voraus und fallen daher noch unter die Bestimmung des § 23 Abs. 1 S. 3 RVG.
Rz. 30
Das Amtsgericht Hamburg wendete bei einem Auftrag zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Verweisung ins GNotKG an. Auf eine solche Regelung könne nicht geklagt werden. Demgegenüber will das OLG Hamm die Wertvorschriften für das gerichtliche Verfahren schon dann anwenden, wenn die vorgerichtliche Tätigkeit des Anwalts und das gerichtliche Verfahren, das sie vorbereiten oder vermeiden soll, dieselbe Angelegenheit betreffen. Das OLG Hamm stellt darauf ab, dass es gerade in dem damals entschiedenen Fall ausschließlich um die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegangen sei. Dann sei das Ziel (vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses) identisch, nur der Weg (einvernehmliche Vertragsbeendigung oder Kündigung) sei unterschiedlich. Das OLG Hamm verkennt dabei, dass es gemäß der gesetzlichen Regelung möglich sein muss, dass der Gegenstand der außergerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein kann, um die Wertvorschriften für das gesetzliche Verfahren anzuwenden. Auf eine einvernehmliche Vertragsbeendigung kann aber ebenso wenig geklagt werden wie auf Kündigung. Das OLG Hamm stützt seine Entscheidung weiter auf eine "Kontrollüberlegung". Es sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, eine inhaltlich gleiche vorgerichtliche Anwaltstätigkeit anders zu bewerten als eine Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren. Der Schutzzweck des früheren § 12 Abs. 7 ArbGG müsse auch für die außergerichtliche Tätigkeit gelten. Dabei übersieht das OLG Hamm, dass § 12 Abs. 7 ArbGG den Arbeitnehmer schützen sollte. Dieser wehrt sich gegen eine einseitige rechtsgestaltende Willenserklärung des Arbeitgebers. Dagegen muss er sich fristwahrend gerichtlich zur Wehr setzen, weil der Gesetzgeber sonst die soziale Rechtfertigung der Kündigung angeordnet hat. Dieses, dem Arbeitnehmer "aufgezwungene" Gerichtsverfahren wollte der Gesetzgeber kostengünstig ermöglichen. Wenn eine Vertragspartei dagegen eine einvernehmliche Beendigung des Vertragsverhältnisses anstrebt, genügt der schlichte Hinweis des Vertragspartners, dass er darüber nicht verhandeln und dem auch nicht zustimmen wird. Zudem ist eine vorgerichtliche Anwaltstätigkeit nicht inhaltsgleich mit einer prozessualen Vertretung. Beispielhaft sei hier nur aufgeführt, dass eine prozessuale Tätigkeit immer zu einem Ende des Verfahrens führt, während eine "vorgerichtliche" Anwaltstätigkeit kein Ende finden muss. Die Lösung des Amtsgerichts Hamburg scheint deshalb vorzugswürdig.
Rz. 31
In einem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatten sich die Arbeitsvertragsparteien "zur Vermeidung des Ausspruchs einer betriebsbedingten Kündigung zum gleichen Zeitpunkt unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist" vergleichsweise verständigt. Das Bundesarbeitsgericht stellt darauf ab, dass es genügt, wenn für den Fall, dass ein gerichtliches Verfahren folgen würde, noch ein innerer Zusammenhang zu dem vorgerichtlichen Tätigwerden des Anwalts bestünde.
Rz. 32
Es ist zutreffend, zunächst den Auftragsinhalt zu bestimmen, denn nur innerhalb einer Angelegenheit, die einen inneren Zusammenhang der Tätigkeit erfordert (sonst würde es sich nicht um dieselbe Angelegenheit handeln) kommt § 23 RVG zur Anwendung.
Wenn der Arbeitgeber nicht kündigen kann und deshalb auch nicht kündigen will, sondern nur durch einen Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis beenden kann, ist nicht über § 23 Abs. 1 RVG § 42 Abs. 3 GKG anzuwenden, sondern über § 23 Abs. 3 RVG § 99 Abs. 2 GNotKG. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer durch die Geltendmachung von Rechten den Lösungsentschluss be...