Rz. 109
Ist der Inhalt eines qualifizierten (Zwischen-) Zeugnisses im Streit, ist in aller Regel der Gegenstandswert mit einem Monatseinkommen festzusetzen.[112] Umstritten ist, ob im Einzelfall je nach Bedeutung des konkreten Berichtigungsbegehrens in dem Rechtsstreit und im Verhältnis zum Gesamtwert des Zeugnisses ausnahmsweise ein Abschlag in Betracht kommen kann[113] oder keine Unterscheidung nach Relevanz und Komplexität der beantragten Änderungen vorgenommen wird.[114] Der Streitwertkatalog sieht auch für die Berichtigung eines qualifizierten Zeugnisses ein Monatsgehalt als Streitwert vor.
Rz. 110
Das LAG Baden-Württemberg ging nicht von einem Regelsatz aus. Es stellte auf eine kurze Dauer eines Dienstverhältnisses, auf die Bedeutung des Zeugnisses im Einzelfall für das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers und auf die Intensität des Streites zwischen den Parteien ab.[115]
Rz. 111
Da zur Durchsetzung eines Anspruches auf Berichtigung eines qualifizierten Zeugnisses die einzelnen angestrebten Formulierungen in den Klageantrag aufgenommen werden müssen, sind derartige Rechtsstreitigkeiten sehr arbeitsintensiv. Es empfiehlt sich daher dringend, Klagen auf Berichtigung eines qualifizierten Zeugnisses zu vermeiden, indem die Parteien bei einer vergleichsweisen Regelung des Kündigungsschutzverfahrens den Inhalt des Zeugnisses mit festlegen. Der Aufnahme eines – dem Grund nach unstreitigen und nicht rechtshängigen – Zeugnisanspruches in einem gerichtlichen Vergleich kommt ein Streitwert zu, der über das bloße Titulierungsinteresse hinausgeht, wenn der Vergleich auch eine weitgehende inhaltliche Regelung trifft und nichts die Annahme rechtfertigt, dass zwischen den Parteien auch schon über den Inhalt Konsens besteht. Angemessen ist unter diesen Voraussetzungen ein Streitwert in Höhe eines Monatseinkommens.[116] Zur inhaltlichen Regelung genügt auch die Aufnahme einer Gesamtbeurteilung (z.B. "stets zur vollen Zufriedenheit") oder die Verpflichtung des Arbeitgebers ein Zeugnis mit Dankes-Bedauern-Formel und Zukunftswünschen zu erteilen. Allerdings ist auch insoweit zu beachten, dass die Veranschlagung eines Vergleichsmehrwertes nur vorgenommen wird, wenn durch die vergleichsweise Regelung nach Nr. 1000 VV "ein Streit oder eine Ungewissheit der Parteien" hinsichtlich des Regelungsgegenstandes beseitigt wird.[117] Die Frage, ob eine Einigungsgebühr entsteht, ist jedoch getrennt von der Frage zu prüfen, nach welchem Wert sich eine Einigungsgebühr berechnet.
Rz. 112
Die Ausarbeitung eines qualifizierten Zeugnisses ist keine anwaltliche Leistung. Der Rechtsanwalt hat auf Wunsch seines Mandanten lediglich aus rechtlicher Sicht zu beurteilen, ob bestimmte Formulierungen im Zeugnis zulässig sind und ob bestimmte Formulierungswünsche des Mandanten rechtlich durchsetzbar sind. Das Finden von zweckmäßigen Formulierungsvorschlägen ist keine anwaltliche Tätigkeit.
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