Rz. 203

Für alle nach dem 8.4.1983 und vor dem 29.1.2019 geschlossenen Ehen gilt gem. Art. 229 § 47 Abs. 1 EGBGB weiterhin Art. 15 EGBGB a.F. Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F. verweist für die Bestimmung des Güterstatuts auf das zum Zeitpunkt der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe geltende Recht. Dabei fallen wegen der Fixierung auf den Beginn der Ehe logischerweise die zweite und vierte Sprosse der Leiter weg. Im Übrigen gilt aber das Gleiche wie bei der Anknüpfung des auf die allgemeinen Ehewirkungen anwendbaren Rechts.[265] Aus Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 EGBGB a.F. ergibt sich daher – haben die Eheleute keine Rechtswahl getroffen – folgende Anknüpfungsleiter:

In erster Linie (1. Stufe) gilt das Recht des Staates, dem beide Eheleute bei Eheschließung angehörten (Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F.). Bei Mehrstaatern ist zuvor die effektive Staatsangehörigkeit zu bestimmen, bei Staatenlosen, Flüchtlingen etc. ist das Personalstatut an den gewöhnlichen Aufenthalt anzuknüpfen (siehe Rdn 88).
Hilfsweise (2. Stufe) ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem beide Eheleute bei Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten (Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F.).
Höchst hilfsweise (3. Stufe) verweist Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB a.F. auf das Recht des Staates, mit dem die Eheleute bei Eheschließung auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden waren.[266] Bei der Anknüpfung an die engste Verbindung wird man wegen der Unwandelbarkeit des Güterstatuts, die dazu führt, dass dieses grundsätzlich für die gesamte Dauer der Ehe fortdauert, angemessenerweise noch eher die konkreten Zukunftsplanungen bei Eheschließung der Eheleute berücksichtigen müssen und vergangenheitsbezogene Aspekte außer Acht lassen.[267]
 

Rz. 204

Diese Fixierung auf die Umstände bei Eheschließung führt dazu, dass spätere Änderungen der für die Anknüpfung maßgeblichen Umstände sich auf das Güterstatut nicht mehr auswirken (sog. Unwandelbarkeit des Güterstatuts) und kein unbeabsichtigter Wechsel des Güterstands eintreten kann. Dies hat Vor- und Nachteile. Freilich werden die Nachteile im Wesentlichen dadurch aufgehoben, dass die Eheleute das Güterstatut erforderlichenfalls durch Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB a.F. (siehe Rdn 209) während der Ehe jederzeit anpassen können. Ein Wechsel des Güterstatuts (Statutenwechsel)[268] war auch noch aus anderen Gründen möglich (siehe Rdn 245).

 

Rz. 205

Hinweis: Mit der Unwandelbarkeit nicht verwechselt werden darf die sog. Versteinerung. Hiermit hatte die Rspr. der Nachkriegszeit bei Flüchtlingen aus Osteuropa den zum Zeitpunkt der Flucht geltenden materiellen Güterstand "eingefroren" und die Einführung neuer Güterstände im ehemaligen gemeinsamen Heimatstaat[269] ignoriert. Zwar hatte man auf diese Weise den Eheleuten unverständliche Rechtsänderungen zunächst abgewehrt. Andererseits blieben sie aber in einem historischen Rechtszustand gefangen, so dass das Problem allenfalls kurzfristig, nicht aber auf Dauer gelöst wurde. Die Versteinerungsheorie ist daher heute überwunden.[270] Für die genannten Fälle ist eine Lösung durch ein Sondergesetz geschaffen worden.[271]

[265] Sog.Kegelsche Leiter“
[266] Soergel/Schurig, Art. 15 EGBGB Rn 8; Hausmann, in: Hausmann/Odersky, Internationales Privatrecht, § 9 Rn. 39.
[267] OLG Köln FamRZ 1998, 1590; Palandt/Thorn, 78. Aufl. 2019, Art. 15 EGBGB Rn 19; Soergel/Schurig, Art. 15 EGBGB Rn 12 m.w.N.
[268] Zu den Folgen des Statutenwechsels siehe Rdn 248.
[269] BGHZ 40, 32; OLG Hamm NJW 1977, 1591.
[270] Hierzu v. Bar, Internationales Privatrecht II, 1. Auflage 1991, Rn 216; Palandt/Thorn, 78. Aufl. 2019, Art. 15 EGBGB Rn 3; Soergel/Schurig, 12. Aufl. 1996, Art. 15 EGBGB Rn 29.
[271] Zum Gesetz über den gesetzlichen Güterstand von volksdeutschen Flüchtlingen siehe Rdn 226.

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