Rz. 171
Art. 10 Abs. 2 EGBGB sieht für Eheleute einige Wahlmöglichkeiten vor:
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Sie können das Recht irgendeines Staates wählen, dem einer der Eheleute angehört (Art. 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB). Die Ausschaltung von Art. 5 Abs. 1 EGBGB ermöglicht dabei auch die Wahl eines nicht effektiven Heimatrechts eines Ehegatten mit mehrfacher Staatsangehörigkeit. Das bedeutet eine praktische Erleichterung, weil sich bei der Ausübung der Rechtswahl die Feststellung der Effektivität erübrigt. |
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Die Eheleute können das deutsche Recht wählen, soweit nur einer der Eheleute seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (Art. 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EGBGB). |
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Zunehmend wird vertreten, Art. 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EGBGB sei dahingehend erweiternd auszulegen, dass die Eheleute auch das Recht eines ausländischen Staates wählen können, in dem einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Andere verweisen auf die abschließende Formulierung und lehnen die Ausweitung der Wahlmöglichkeiten de lege lata ab. |
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Eine weitere Wahlmöglichkeit ergibt sich daraus, dass der geschiedene deutsche Ehegatte die Rechtswahl nach der Scheidung wieder beseitigen kann. |
Rz. 172
Haben die Eheleute im Ausland geheiratet, so werden sie zumeist keine Rechtswahl ausgeübt haben. Die meisten ausländischen Rechte kennen eine solche Rechtswahl nicht, so dass der Standesbeamte die Eheleute auf diese Möglichkeiten nicht hingewiesen hat. Daher können sie die Rechtswahl in Deutschland durch Erklärung in öffentlich beglaubigter Form nachholen (Art. 10 Abs. 2 S. 2 EGBGB, § 15 PStG). Praktisch wird dies am ehesten bei der Anlegung eines Familienbuchs im Inland vorkommen.
Rz. 173
Hinweis: Der besondere Vorteil einer Rechtswahl liegt darin, dass für Eheleute mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit der "Ehename" dann nicht mehr für jeden Ehegatten nach einem anderen Recht bestimmt werden muss, sondern einheitlich nach dem gewählten Recht bestimmt werden kann. Dabei erhält die Rechtswahl nach Art. 10 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB nicht nur dann Bedeutung, wenn die Eheleute verschiedenen Staaten angehören. Ein gemeinsames Heimatrecht wäre zwar schon aufgrund der "objektiven" Verweisung in Art. 10 Abs. 1 EGBGB anwendbar. Diese Verweisung würde jedoch gem. Art. 4 Abs. 1 EGBGB eine Rück- bzw. Weiterverweisung umfassen, während die Eheleute durch eine Rechtswahl sicherstellen können, dass unmittelbar das Sachrecht ihres Heimatstaates anzuwenden ist (Art. 4 Abs. 2 EGBGB).
Rz. 174
Die Ausübung der Rechtswahl ist gründlich zu bedenken. Dies gilt insbesondere bei der Rechtswahl gem. Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB, wenn keiner der Eheleute Deutscher ist. Verfügt der ausländische Heimatstaat der Eheleute über ein ähnlich strenges Namensrecht wie Deutschland und kennt er keine Rechtswahl im Namensrecht bzw. kommt er auch nicht auf andere Weise zur Geltung deutschen Namensrechts, wird er den Namen nicht anerkennen. Seine Behörden werden eine entsprechende Änderung der Ausweispapiere ablehnen (sog. hinkender Ehename). Der entsprechende Ehegatte kann sich dann im Inland nur noch unter Zuhilfenahme einer Heiratsurkunde richtig ausweisen – u.U. sogar auch noch, nachdem die Ehe wieder geschieden ist. Eine Korrektur der Namensänderung durch verwaltungsrechtliche Namensänderung ist den deutschen Behörden nicht möglich, da das Namensänderungsgesetz nur für deutsche Staatsangehörige gilt. Einzige Lösung zur Rückgängigmachung einer unüberlegten Rechtswahl ist daher, im ausländischen Heimatstaat einen Antrag auf öffentlich-rechtliche Namensänderung auf den nach dem gewählten Recht (und aus deutscher Sicht bereits) bestehenden Namen zu stellen.
Rz. 175
Hinweis: Eine entsprechende Rechtswahl sollte daher nicht mit dem Ziel ausgeübt werden, "exotische" Kombinationen zu erlangen, sondern eher der Angleichung an das Umweltrecht dienen, um im internationalen Verkehr auftretende Differenzen bei der Rechtsanwendung möglichst zu nivellieren.
Rz. 176
Wählen die Eheleute deutsches Recht, kann mit der Rechtswahl auch ein gemeinsamer Ehename gem. § 1355 Abs. 3 BGB gewählt werden. Haben die Eheleute bei Heirat bereits einen anderen Namen als Ehenamen gewählt, kann aufgrund der Rechtswahl aber keine erneute Namensbestimmung erfolgen. Das nach deutschem Recht einmalige Wahlrecht ist dann "verbraucht".