Leitsatz (amtlich)
1) Gilt im Zeitpunkt der Heirat für beide Eheschließenden deutsches Personalstatut, genügt die Bestimmung des Geburtsnamens der Frau zum Ehenamen allein nicht, um eine konkludente Wahl deutschen Namensrechts annehmen zu können.
2) Die Eheleute können in diesem Fall nach der Eheschließung auch dann ein anderes Namensstatut wählen, wenn sich dadurch der ursprünglich gewählte Ehename ändert.
Normenkette
PStG §§ 47-48; EGBGB Art. 10 Abs. 2; BGB § 1355
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 10.06.2015; Aktenzeichen UR III 26/15) |
Tenor
I. Die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des AG Nürnberg vom 10.6.2015 wird zurückgewiesen.
II. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Am 1.7.2005 schlossen der libanesische Staatsangehörige schiitischer (dscha'faritischer) Konfession W. O. (Bet. zu 1) und die deutsche Staatsangehörige evangelischer Konfession Y. Sch... (Bet. zu 2) vor dem Standesamt F. (weiterer Bet. zu 1) die Ehe, die unter Nr. 218/2005 eingetragen wurde. Der Bet. zu 1) lebte zur Zeit der Eheschließung als anerkannter Flüchtling in Deutschland und seine Staatsangehörigkeit konnte nicht festgestellt werden. Daher gingen sämtliche Beteiligte davon aus, dass nach Art. 5 Abs. 2 EGBGB bzw. nach Art. 12 des Genfer UN-Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.7.1951, innerstaatlich in Kraft getreten am 23.12.1953 (Art. 2 des Gesetzes vom 1.9.1953, BGBl. II S. 559; im Folgenden: GK) deutsches Recht für die Bestimmung des Ehenamens maßgeblich sei. Die Ehegatten bestimmten formgerecht den Namen der Ehefrau zum Ehenamen.
Diesen Namen erhielt kraft Gesetzes auch die am 31.12.2007 in Bad Hersfeld geborene Tochter R.
Mittlerweile verfügt der Bet. zu 1) über einen am 7.6.2014 im Libanon von der D. G. S. G. (Directorate General for Security General) ausgestellten Pass, mit dem er seine libanesische Staatsangehörigkeit nachweisen kann. Am 25.03.2015 gaben die Betroffenen zu Protokoll ihres Wohnsitzstandesamts St... eine Erklärung ab, nach der sie für die Ehenamensführung das libanesische Recht wählen und künftig beide je ihren Geburtsnamen führen wollen.
Das Standesamt F. hatte Zweifel, ob die nachträgliche Wahl des libanesischen Rechts in der Ehe mit Rückkehr zur getrennten Namensführung rechtswirksam entgegengenommen werden kann und legte den Fall dem AG Nürnberg vor. Nach allgemeiner Rechtsauffassung sei die Wahl des Ehenamens unwiderruflich und unanfechtbar. Zur Begründung verwies es auf die Entscheidungen OLG München vom 23.12.2008 - 31 Wx 105/08; BayObLGZ 1992, 200/203; BayObLGZ 1997,323.
Die Betroffenen begründeten ihren Wunsch damit, dass die libanesischen Behörden die Tochter nicht mit ihrem Geburtsnamen registrieren würden, weil dieser nicht vom Vater abgeleitet sei. Schwierigkeiten entstünden auch dadurch, dass im Pass des Betroffenen zu 1) und in seinem deutschen Aufenthaltstitel der Name O. stünde.
Mit Beschluss vom 10.6.2015, auf den wegen der Einzelheiten der Begründung verwiesen wird, hat das AG Nürnberg angeordnet, dass Rechtswahl und Namensbestimmung wirksam seien. Dieser Beschluss ist dem weiteren Beteiligten zu 2) am 16.6.2015 zugestellt worden. Eine Zustellung an den weiteren Beteiligten zu 1) kann nicht festgestellt werden. Dieser hat jedoch mit Schreiben vom 24.6.2015, beim AG eingegangen am selben Tag, Beschwerde eingelegt, der die weitere Beteiligte zu 2) zugestimmt hat. Das AG Nürnberg hat der Beschwerde mit Beschluss vom 14.7.2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.
Zur Begründung macht der Beschwerdeführer wiederholt geltend, die Betroffenen hätten die Ehenamenserklärung nach § 1355 BGB seinerzeit freiwillig abgegeben. Diese sei auch nach allen bekannten ausländischen Rechtsordnungen unwiderruflich. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf die Schriftsätze des weiteren Beteiligten zu 1) vom 26.6. und 11.8.2015 sowie vom 18.3.2016 Bezug genommen. Die Betroffenen hatten Gelegenheit zur Stellungnahme; sie haben im Beschwerdeverfahren nur ihren Wunsch wiederholt, den Namen O. zu erhalten.
Der Senat hat ein Gutachten des Sachverständigen Universitätsprofessor Dr. M. R., Direktor des Erlanger Zentrums für islamisches Recht, zum Inhalt des libanesischen Ehenamensrechts erholt. Auf das schriftliche Gutachten vom 5.2.2016 wird Bezug genommen.
II. Die Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1) ist zulässig (§ 51 PStG; §§ 58ff FamFG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1) Der Ehename der Betroffenen richtete sich im Zeitpunkt der Eheschließung allein nach deutschem Recht (Art. 10 Abs. 1 EGBGB). Zwar war der Betroffene zu 1) mit hoher Wahrscheinlichkeit auch damals libanesischer Staatsbürger - nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens hätte nur die eigenmächtige Annahme einer anderen Staatsangehörigkeit zum Verlust der libanesischen geführt -, zugleich aber Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention. Nach Art. 12 GK bestimmte sich sein Personalstatut daher ni...