Rz. 103

Bei Anwendung der ausländischen Kollisionsnormen sind diese entsprechend den Maßstäben des dort geltenden Rechts auszulegen. Dies gilt auch für die Qualifikation. Ist der Inhalt der verwandten Systembegriffe anders zugeschnitten als im deutschen IPR, so können sich daher trotz gleichlautender Anknüpfung Rück- und Weiterverweisungen schon allein daraus ergeben, dass die einschlägige Rechtsfrage dort unter eine andere Kollisionsnorm fällt:

Beispiel: Im englischen Recht ist die Gütertrennung gesetzlicher Güterstand. Im Rahmen der Scheidung wird vom Gericht aber eine großzügige Teilung des ehelichen Vermögens vorgenommen (Sec. 25 Abs. 1 Matrimonial Causes Act).[148] Daher kann auch dann, wenn in Deutschland lebende Engländer sich in Deutschland scheiden lassen und für sie aufgrund fortdauernden domicile in England englisches Recht Güterstatut ist, in Bezug auf den Aspekt "Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der Ehe durch Scheidung" eine (versteckte) Rückverweisung auf das deutsche Recht erfolgen, mit der Folge, dass ein Zugewinnausgleich nach deutschem Recht durchzuführen ist.[149]

[148] Hierin sieht man keine Folge des ehelichen Güterstands, sondern eine allgemeine Scheidungsfolge. Sie fällt daher unter das Scheidungsstatut.
[149] Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl. 2000, S. 103 (zur entsprechenden Situation in Österreich) – andererseits wird auf S. 120 für die Scheidung von Engländern trotz Bejahung einer versteckten Rückverweisung im Scheidungsrecht die Geltung englischen Sachrechts für die Verteilung unterstellt.

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