Entscheidungsstichwort (Thema)
Versteckte Rückverweisung auf deutsches Ehegüterrecht
Leitsatz (redaktionell)
Anwendung der güterrechtlichen Regelungen nach deutschem Recht im Rahmen eines Scheidungsverfahrens deutsch/rumänischer Staatsangehöriger, deren erster gewöhnlicher Aufenthalt in Nigeria war.
Normenkette
EGBGB Art. 14 Abs. 1 Nrn. 2-3, Art. 15 Abs. 1, Art. 220 Abs. 3 S. 5; BGB § 1379 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 16.05.2006; Aktenzeichen 20 F 239/01) |
Tenor
1. Die Berufung des Antragstellers gegen das am 16.5.2006 verkündete Teilurteil des AG Schöneberg wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil des AG Schöneberg vom 16.5.2006 verwiesen.
Der Antragsteller macht geltenderer Wert der Beschwer des § 511 ZPO sei erreicht. Um die Auskunft, zu der er verurteilt worden ist, erteilen zu können, würden Kosten von jedenfalls 1000 EUR anfallen. Da Nigeria über kein geordnetes Postwesen verfüge, könnte Schriftverkehr nicht auf normalem Wege erledigt werden, sondern es müssten Kuriere benutzt werden, um die Post per Luftpost nach und von Deutschland zu befördern. Um die gem. Ziff. 1.a, c geforderten Auskünfte und Belege beizubringen, müsse er die Lebensversicherungen und Banken anschreiben. Da er keine eigene Kenntnis und keine Unterlagen über die in Ziff. 1.d geforderten Angaben zum Bodenwert, der angemessenen Verzinsung des Bodenwertes, der Restnutzungsdauer der in Portugal belegenen Immobilie habe, müsse er entsprechende Bewertungen in Portugal erstellen lassen. Der Antragsteller habe keine Verwandten in Deutschland, die Postangelegenheiten für ihn kostenfrei erledigen könnten. Wegen der von ihm im Einzelnen veranschlagten Kosten wird auf S. 2/3 der Berufungsbegründung (Unterakte Güterrecht Bl. 88 f.) verwiesen.
Der Antragsteller wendet sich mit der Berufung dagegen, dass das AG die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe der Parteien nach deutschem Recht beurteilt hat. Rechtsfehlerhaft habe das AG hier für die Bestimmung des Güterrechtsstatuts Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB herangezogen. Diese Bestimmung greife nicht ein, da die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt während der Ehe zuletzt in Nigeria gehabt hätten und der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt weiter dort habe, sei Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB einschlägig. Im Übrigen könne der Auffassung des AG nicht gefolgt werden, die Parteien seien am engsten mit dem deutschen Recht verbunden, weil sie sich vor Beginn der Ehe auch in deutscher Sprache unterhalten hätten. Die Art der gewöhnlich geführten Unterhaltung sei - so behauptet er - in englischer Sprache gewesen, der Landeshauptsprache Nigerias. Maßgebliche Aspekte für die Annahme einer engsten Verbundenheit seien vor allem gemeinsame soziale Bindungen der Ehegatten an einen Staat durch Kultur, Sprache oder berufliche Tätigkeit, ferner durch den gemeinsamen Aufenthalt in einem Staat und gemeinsame objektiv feststellbare Zukunftspläne. Der Antragsteller sei von Beginn an der Ehe in Nigeria tätig gewesen, entsprechend der bei Eheschließung bestehenden Planung sei die Antragsgegnerin ihm dorthin gefolgt, als sie ihre Ausreisepapiere von den rumänischen Behörden erhalten hatte. Die Antragsgegnerin habe Nigeria 1998 verlassen, nachdem sie dort Primaten gepflegt habe, um in den USA ein Studium in diesem Bereich aufzunehmen und anschließend weiter in Nigeria mit Primaten zu arbeiten. Die Einbürgerung der Antragsgegnerin in Deutschland sei erst gewünscht worden, als die Parteien schon getrennt gewesen und die Antragsgegnerin in den USA gelebt habe. Die Voraussetzungen für eine Einbürgerung hätten auch gar nicht vorgelegen. Gegen eine engste Verbundenheit zur Bundesrepublik Deutschland spreche, dass die Eheleute die Ehe dort nicht hätten registrieren lassen.
Die Antragsgegnerin hält die Berufung mangels Erreichen der Beschwer für unzulässig. Sie stellt in Abrede, dass der Antragsteller seinen ständigen Wohnsitz noch in Nigeria hat, von Nigeria aus nicht selbst Schriftverkehr mit Banken führen könne und er die angeführten Kosten für einen Kurierdienst sowie Kosten für seinen Verfahrensbevollmächtigten zu verauslagen hätte.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, das AG habe zu Recht § 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB angewendet und zum Zeitpunkt der Eheschließung die engste Verbindung zum deutschen Recht angenommen. Die Parteien hätten durch die Ehe hinweg enge Bindungen zur deutschen Gemeinschaft in Nigeria aufrechterhalten. Vorliegend falle ins Gewicht, dass auch bei der Antragsgegnerin durch die Abstammung von ihrem deutschen Vater eine gelebte soziale Bindung zur deutschen Kultur, Sprache und Herkunft gegeben sei. Diese gemeinsame Bindung an den deutschen Staat werde noch unterstrichen durch das ehemalige Ziel der Parteien, die Einbürgerung der Antragsgegnerin in der Bundesrepublik Deutsch...