Rz. 291
Eine Einschränkung für die Durchführung des Versorgungsausgleichs von Amts wegen ergibt sich zumeist für Ehen, bei denen keiner der Eheleute deutscher Staatsangehöriger ist. Die Durchführung soll ausgeschlossen sein, wenn das Heimatrecht auch nicht eines der Ehegatten den Versorgungsausgleich kennt (Art. 17 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 EGBGB). Diese Vorschrift soll mit ihrer kumulativen Anknüpfung die Beteiligten vor der Konfrontation mit einem völlig unerwarteten und ihnen unbekannten Rechtsinstitut bewahren, bezweckt also einen Vertrauensschutz. Dementsprechend wird diese Bezugnahme auf das Heimatrecht vielfach als Bezugnahme ausschließlich auf das ausländische Sachrecht unter Ausschluss des ausländischen IPR gewertet. Überzeugen kann das nicht, denn verweist das ausländische Heimatrecht auf den deutschen Versorgungsausgleich, ist dies ein Grund mehr, diesen auch nach deutschem Recht durchzuführen.
Rz. 292
Haben freilich die Eheleute das deutsche Recht für die Scheidung gem. Art. 6 Rom III-VO gewählt, so geht man davon aus, dass die Geltung der deutschen Bestimmungen über den Versorgungsausgleich über die Verweisungskette in Art. 17 Abs. 4 S. 1 EGBGB beabsichtigt ist. Hier soll dann die "Heimatrechtsklausel" im Wege der teleologischen Reduktion entfallen.
Rz. 293
Die besonderen Probleme bei der Anwendung dieser Klausel ergeben sich aus der Bewertung, ob das ausländische Recht einen Versorgungsausgleich "kennt". Dabei sind die Anforderungen an die Kenntnis relativ hoch. Insbesondere ist erforderlich, dass der Ausgleich nicht rein schuldrechtlich, sondern auch mit Außenwirkung erfolgt. Damit scheiden die Systeme aus, die einen Ausgleich vornehmen, indem sie die Anwartschaften in einem güterrechtlichen oder sonstigen Ausgleich im Wege der Anrechnung berücksichtigen, die Anwartschaften i.Ü. aber unberührt lassen. In den Staaten, in denen das Sozialrecht eine Witwenrente auch für den geschiedenen Ehegatten vorsieht oder allen Rentnern eine staatliche Volksrente gezahlt wird, ist ein "Versorgungsausgleich" schon deswegen unbekannt, weil hier keine Teilung von Anwartschaften eines der Ehegatten erfolgt.
Rz. 294
Vielfach tendiert die Lehre dazu, hohe Ansprüche an das "Kennen" zu stellen und damit im Zweifel die Durchführung des Versorgungsausgleichs abzulehnen. Dementsprechend kann vom "Kennen" des Versorgungsausgleichs nur für Neuseeland, die Schweiz und Südafrika, mittlerweile wohl auch in England, ausgegangen werden sowie bei einer zunehmenden Anzahl von Einzelstaaten der USA und Kanadas. Für die Niederlande wird überwiegend angenommen, dass kein Versorgungsausgleich vorliege, da dort keine beitragsbezogene Altersrente, sondern eine steuerfinanzierte Versorgung gezahlt wird. Die Prüfung dieser Frage erweist sich in den Fällen als überflüssig, wenn nach Art. 17 Abs. 4 S. 2 EGBGB ohnehin in den meisten Fällen wieder der Weg zum Versorgungsausgleich nach deutschem Recht aufgestoßen würde.