Rz. 17
Der Schuldner kann nach § 286 Abs. 1 S. 1 BGB nur dann in Verzug geraten, wenn seine Leistung auch fällig ist. Fällig ist die Leistung, wenn der Gläubiger sie verlangen kann.
Ausgangspunkt ist die Regelung in § 271 BGB, wonach die Leistung grundsätzlich sofort fällig ist, wenn nichts anderes geregelt ist. Eine anderweitige Regelung kann sich dabei sowohl aus dem Gesetz als auch aus vertraglichen Abreden ergeben.
Gesetzliche Fälligkeitsbestimmungen ergeben sich etwa im Allgemeinen aus § 271a BGB, für die Miete aus §§ 556b, 579 BGB, für die Pacht aus § 587 BGB, für die Leihe aus § 604 BGB, für den Sachdarlehensvertrag aus § 608 BGB, für den Dienstvertrag aus § 614 BGB, für den Werkvertrag aus § 641 BGB – mit der weiteren Voraussetzung der Abnahme –, für den Gewinnanspruch aus der Gesellschaft nach § 721 BGB, für Unterhaltsansprüche aus §§ 1361 Abs. 4, 1585 Abs. 1 und § 1612 Abs. 3 BGB oder für die Leistung des Versicherers einerseits und die Zahlung der Versicherungsprämie des Versicherten andererseits aus §§ 14, 33 VVG.
Da es in vielen Fällen nicht der Interessenlage der Beteiligten entspricht, dass die Leistung sofort fällig ist, herrscht in der Praxis ein Vorrang der vertraglichen Regelung.
Hinweis
Wegen der zentralen Bedeutung der Fälligkeit einer Leistung kann für die Praxis auch nur empfohlen werden, diese jeweils exakt im Vertrag festzulegen, wenn diese nicht schon aus dem Gesetz folgt, wie etwa nach § 556b BGB bei der Miete. Der in Vollzug der EU-Verzugsrichtlinie eingeführte § 271a BGB ist dabei zu beachten. Weiter sind §§ 308, 309 BGB zu beachten, wenn die Bestimmung durch AGB erfolgt. Wird die Leistung zugleich kalendertäglich bestimmt, kann dies auch eine verzugsbegründende Mahnung entbehrlich machen, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Ergibt sich die Fälligkeit nicht unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung zu dem vereinbarten Vertragstypus oder aus dem Vertrag, so ist die Leistung unmittelbar geschuldet, ohne dass die Fälligkeit eine Rechnung voraussetzt. Die Rechnungsstellung ist also grundsätzlich keine Fälligkeitsvoraussetzung, solange nichts anderes bestimmt ist.
Rz. 18
Für bestimmte Vertragsarten ist aber bereits gesetzlich etwas anderes bestimmt.
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So ergibt sich aus § 8 i.V.m. § 10 RVG, dass die Vergütung des Rechtsanwaltes fällig wird, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Bei einer Tätigkeit innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens wird die Vergütung fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen ist, der Rechtszug beendet ist oder das Verfahren länger als drei Monate ruht. Zugleich ist bestimmt, dass der Rechtsanwalt ungeachtet der Fälligkeit der Vergütung, diese nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung, einer Rechnung, einfordern kann. |
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Gleiches gilt nach § 15 Abs. 1 HOAI, wonach die Überreichung einer prüffähigen Honorarrechnung Voraussetzung der Fälligkeit ist. |
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Zu nennen ist weiter § 12 Abs. 1, 2 GOÄ. |
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Auch in den Bedingungen der Versorgungsunternehmen finden sich Regelungen, wonach eine Leistung erst zwei Wochen nach Abrechnung fällig wird. |
Rz. 19
Darüber hinaus ist die Erstellung einer Rechnung nur dann Fälligkeitsvoraussetzung, wenn dies vertraglich vereinbart ist.
Hinweis
Allerdings kann der Verzugseintritt auch in diesem Fall am mangelnden Verschulden – aber eben nicht an der fehlenden Fälligkeit – scheitern, wenn der Schuldner ohne eine solche Rechnung nicht in der Lage ist, seine Leistungspflicht hinreichend zu bestimmen. Ihm muss dann zumindest eine entsprechende Prüfungsfrist eingeräumt werden.
Die Forderung ist nicht fällig, wenn diese dem Schuldner gestundet ist, so dass in dieser Zeit der Eintritt des Verzuges ausgeschlossen ist. Insoweit muss der Gläubiger beachten, dass er für diesen Zeitraum auch keinen Verzugsschaden verlangen kann, etwa auch keine Verzugszinsen, wenn als Teil der Stundungsabrede nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde. Allerdings gilt diese Folge erst ab der Gewährung der Stundung. Ist zu diesem Zeitpunkt bereits Verzug eingetreten, bleibt der bis dahin entstandene Verzugsschaden von der Regelung unberührt.
Beispiel
Nach Eintritt der Fälligkeit mahnt der Gläubiger die Forderung zweimal an. Nachdem auch darauf keine Reaktion des Schuldners erfolgt, insbesondere auch keine ernsthaften sachlichen Einwendungen erhoben werden, übergibt er die Forderung einem Inkassodienstleister zum Einzug. Dieser überprüft die Adressdaten des Schuldners und lässt ihm eine weitere Mahnung zustellen, um den entsprechenden Nachweis sicher führen zu können. Nachfolgend nimmt er mit dem Schuldner Kontakt auf. Dieser teilt mit, zurzeit nicht zahlungsfähig zu sein. In zwei Monaten erwarte er aber einen größeren Zahlungseingang, was er auch glaubhaft macht. Darauf gewährt ihm der Inkassodienstleister namens und in Vollmacht des Gläubigers eine Stundung.
Hier bleiben die bis zur Stundung entstandenen Inkassokosten sowie der bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Zinsschaden von der Verei...