a) Die Zweckmäßigkeit und Erforderlichkeit
Rz. 246
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Schädiger nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Das findet auch in der Literatur Rückhalt. Maßgeblich ist danach die Ex-ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person.
Hinweis
Das wird in der Instanzrechtsprechung immer wieder übersehen. Hier wird aus dem Umstand, dass es zu einem streitigen Erkenntnisverfahren gekommen ist, in dem ein Rechtsanwalt beauftragt werden musste, ex post darauf geschlossen, dass die Ausgangsentscheidung falsch war. Das ist zu beanstanden. Auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt sollten der Gläubiger und sein Vertreter deshalb ausdrücklich hinweisen. Dabei hilft auch der Verweis auf § 13f S. 3 RDG, in dem der Gesetzgeber anerkennt, dass die Beauftragung des Rechtsanwaltes darauf beruhen kann, dass der Schuldner seinen Widerspruch gegen die Forderung erst nach der Beauftragung des Inkassodienstleisters vorbringt.
Nach dem BGH sind bei der Bestimmung der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt.
Ein Schadensfall in diesem Sinne liegt auch nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH vor, wenn der Schuldner einer Entgeltforderung in Zahlungsverzug gerät. Zur Einziehung einer solchen Forderung ist dann – so der BGH – regelmäßig selbst in einfach gelagerten Fällen die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig. Das seinerseits Erforderliche tut der Gläubiger dadurch, dass er den Schuldner in Verzug setzt.
Hinweis
Damit hat der BGH zugleich der Auffassung eine Absage erteilt, der Gläubiger sei verpflichtet, den weiteren Forderungseinzug selbst zu bewerkstelligen oder unmittelbar einen Mahnbescheid zu beantragen. Eine solche Auffassung verkennt den Umfang der Pflichten, die typischerweise einen Gläubiger bei der Rechtsverfolgung und -durchsetzung seiner Forderungen treffen. Nur übliche und geschuldete Eigenbemühungen sind nicht ersatzfähig. Die Eigenbemühungen enden nach der klaren Entscheidung des BGH aber mit der verzugsbegründenden Mahnung.
Eine weitere Verzögerung der Erfüllung seiner Forderung muss der Gläubiger nicht hinnehmen. Vielmehr kann er seinem Erfüllungsverlangen durch Einschaltung eines Rechtsanwalts Nachdruck verleihen. Was der BGH für den Rechtsanwalt ausgesprochen hat, gilt in gleicher Weise für den Inkassodienstleister.
Rz. 247
Die Beauftragung eines Rechtsdienstleisters zur außergerichtlichen Vertretung soll schnelle und einverständliche Regelungen ohne Einschaltung der Gerichte ermöglichen. Sie dient daher zwei Zwecken:
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Einerseits soll eine gütliche Erledigung gesucht werden, wenn die Forderung als solche nicht sachlich bestritten wird; |
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zum anderen soll die Justiz von solchen Verfahren entlastet werden, in denen eine Einigung zwischen den Parteien möglich erscheint. |
Die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsdienstleisters ist daher zweckmäßig, wenn der Versuch einer außergerichtlichen Einziehung nicht schon von vornherein ausscheidet. Die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe ist nämlich stets die ultima ratio und deshalb in einer Eskalationskette zu sehen, nicht aber als erste Maßnahme auf die Gläubigermahnung zu fordern. Die Rechtsprechung kennt hier verschiedene Ausnahmefälle:
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Es liegt bereits eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Schuldners vor und eine Titulierung kann nur im streitigen Verfahren gelingen. |
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Der Schuldner hat Einwendungen gegen den Bestand der Forderung erhoben, von denen ausgeschlossen werden kann, dass diese vorgerichtlich ausgeräumt werden können. HinweisAuch hier zeigen sich Instanzgerichte immer wieder zu oberflächlich. Allein der Umstand, dass der Schuldner eine Einwendung erhebt, bedeutet noch nicht, dass die Angelegenheit nicht gütlich und ohne gerichtliche Inanspruchnahme in einem streitigen Erkenntnisverfahren gelöst werden kann. So kann der Schuldner von der Unbegründetheit seiner Einwendung überzeugt werden und letztlich kann die Titulierung auch im gerichtlichen Mahnverfahren gelingen. Dabei darf nicht übersehen werden, dass vielfach Einwendungen nur vorgeschoben werden, um den Forderungsausgleich zu verzögern und Zahlungsstockungen zu überbrücken. Auch muss gesehen werden, dass nachträgliche Einwendungen nach der Beauftragung des Rechtsdienstleisters die Ex-ante-Entscheidung nicht mehr in Frage stellen können. Es obliegt dem Schuldner, schon nach der Erstmahnung des Gläubigers klar auszusprechen, dass nur ein streitiges Verfahren in Betracht kommt. Rechtliche Anforderung ist also, dass der Gläubiger aus der ex-ante-Sicht und vor dem Hintergrund, der im Beauftragungszeitpunkt bekannten Tatsachen sicher... |