Rz. 349
Mit der Neuregelung des Rechtsberatungsrechtes wurden die rechtlichen Möglichkeiten der Inkassodienstleister nicht unerheblich erweitert. Das Rechtsdienstleistungsgesetz beschränkt sich – anders als noch das Rechtsberatungsgesetz – auf die Reglementierung der Erbringung von Rechtsdienstleistungen außerhalb gerichtlicher Verfahren. Die Frage, durch welche Person sich eine Partei oder ein Beteiligter in gerichtlichen Verfahren vertreten lassen kann, wird nunmehr konsequent in den Prozessordnungen geregelt.
Rz. 350
Soweit hier von Bedeutung, gibt der zum 1.7.2008 neu gefasste § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO, der zum 1.1.2021 in seinem Wortlaut noch einmal angepasst wurde, den Inkassodienstleistern die Möglichkeit, den Gläubiger auch im gerichtlichen Mahnverfahren sowie in der gesamten Mobiliarzwangsvollstreckung zu vertreten. Für das Mahnverfahren bedeutet dies, dass der Inkassodienstleister den Mahnantrag und je nach Verfahrensentwicklung auch den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides oder den Antrag auf Abgabe des Verfahrens an das Streitgericht stellen darf. Erst die Anspruchsbegründung im streitigen Verfahren muss dann durch einen Rechtsanwalt oder außerhalb von Anwaltsprozessen durch den Gläubiger selbst erfolgen.
Hinweis
Die gerichtliche Praxis zeigt seitdem keinerlei Schwierigkeiten. In den einschlägigen juristischen Datenbanken lässt sich keine einzige Entscheidung zur Frage der Postulationsfähigkeit von Inkassodienstleistern im gerichtlichen Mahnverfahren finden.
Im gerichtlichen Mahnverfahren zeigt sich am deutlichsten die Gleichstellung von Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern bei der Einziehung fremder Forderungen.
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe wurde anerkannt, dass es bei der Forderungseinziehung nicht darauf ankommt, welcher Rechtsdienstleister handelt, sondern welche Leistung von diesem erbracht wird. Bei der Erbringung von Inkassodienstleistungen darf schon aus Gründen des Gleichheitssatzes kein Unterschied zwischen Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern gemacht werden. Das hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht und Änderung anderer Vorschriften als unverrückbare verfassungsrechtliche Vorgabe bestätigt. Bestrebungen, hier zu differenzieren, dürfte damit dauerhaft die Grundlage entzogen sein.
Rz. 351
Die Gleichstellung bewirkt der Gesetzgeber dadurch, dass er im RVG und in der Anlage 1 zum RVG die Inkassodienstleistung für den Rechtsanwalt eigenständig bepreist (§ 13 Abs. 2 RVG; Nr. 1000 Nr. 2 und Nr. 2300 Abs. 2 VV RVG) und über § 13e Abs. 1 RDG dann sicherstellt, dass vom Schuldner bei der Tätigkeit eines Inkassodienstleisters keine höheren Kosten erstattet verlangt werden können.
Zugleich wurde die bisherige Sonderregelung zur prozessualen Kostenerstattung im gerichtlichen Mahnverfahren nach § 4 Abs. 4 RDGEG gestrichen bzw. nicht mit in § 13e RDG übernommen. Im gerichtlichen Mahnverfahren erhält der Gläubiger damit die Vergütung des Inkassodienstleisters damit prozessual über § 91 ZPO wie materiell-rechtlich nach §§ 280, 286 BGB oder §§ 823 ff. BGB in gleicher Weise erstattet, wie die Vergütung des Rechtsanwaltes. Die damit bisher schon materiell-rechtlich geltende Erstattungspflicht ist nun also auch prozessual begründet. Die nachfolgenden Ausführungen sollen auf dieser Grundlage wesentliche Aspekte im Kontext der Erbringung von Inkassodienstleistungen fokussieren.