Rz. 139
Soweit die Auffassung vertreten wird, der Aufwand für die Forderungseinziehung gehöre bei Schuldnern, die sich in Verzug befinden, nach dem allgemeinem Schuldrecht nicht zum ersatzfähigen Schaden, ist dies unzutreffend. Die Auffassung kann insbesondere nicht auf die Entscheidung des BGH vom 9.3.1976 gestützt werden. Das macht der BGH auch mit einem Urteil v. 17.9.2015 deutlich, die allerdings nach den amtsgerichtlichen Entscheidungen erlassen wurde. Der Gläubiger hat danach das ihm obliegende getan, wenn er den Schuldner in verzugsbegründender Weise angemahnt hat. Als Folge hat der Schuldner die Rechtsverfolgungskosten zu tragen. Genau um diese wurde in dem Verfahren gestritten.
Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen, es sei denn, der Schuldner hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten, § 286 Abs. 1 BGB. Liegt die Pflichtverletzung in einer verzögerten Leistung, kann der Gläubiger nach § 286 Abs. 2 BGB nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 286 BGB, d.h. des Verzuges, Schadensersatz verlangen.
Bei vertraglichen Ansprüchen befindet sich der Schuldner auf eine Mahnung nach Fälligkeit der Leistung in Verzug, sofern die Mahnung nicht ausnahmsweise entbehrlich und die Forderung noch durchsetzbar ist. Die Forderung darf also weder verjährt sein, noch darf insoweit Restschuldbefreiung erteilt worden sein, da es dann an der Durchsetzbarkeit fehlt, wenn sich der Schuldner hierauf beruft. Gerade im Mietrecht muss beachtet werden, dass die vom Mieter zu erbringende Leistung regelmäßig nach dem Mietvertrag dem Kalender nach bestimmt ist, so dass eine Mahnung zum Eintritt des Verzuges nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich ist. Die Geldzahlung ist in der Regel auch nicht unmöglich. Der Schuldner muss nach allgemeiner Meinung verschuldensunabhängig für das Vorhandensein von Geld einstehen, was aus der Existenz des Insolvenzrechtes begründet wird. Nach der gesetzlichen Wertentscheidung muss der Schuldner in diesem Fall alle weiteren Kosten der Forderungseinziehung tragen.
Rz. 140
Da durch die Beauftragung des Rechtsdienstleisters ein erheblicher Schaden entsteht, kann allerdings gefragt werden, ob den Gläubiger weitere Obliegenheiten treffen, bevor eine Abgabe an einen Rechtsanwalt oder ein Inkassodienstleister mit der Folge der Erstattungsfähigkeit der Kosten als Schaden nach §§ 280, 286 BGB angenommen werden kann. Diese Frage beantwortet sich aus dem jeweiligen Rechtsverhältnis. Maßgeblich ist also, welche Obliegenheiten den Gläubiger aufgrund der vertraglichen Abreden oder der gesetzlichen Regelungen treffen. Jedenfalls für vertragliche Ansprüche ist die genannte Entscheidung des BGH von 1976 aber nicht einschlägig, da sie eine Forderung aus unerlaubter Handlung betraf. Die Obliegenheiten bestimmten sich also nach ganz anderen Bestimmungen als den mietvertraglichen Regelungen.
Für die Frage, welche Eigenobliegenheiten einem Geschädigten auferlegt sind, ist bei einem Vertrag zunächst auf dessen im Rahmen der Privatautonomie getroffene Regelungen und subsidiär auf die zwingenden und dispositiven Regelungen des allgemeinen Schuldrechts abzustellen. Insoweit wird nicht in Abrede gestellt werden können, dass die Herstellung der Fälligkeit und die Rechnungstellung noch unmittelbarer Teil der vertragsgemäßen Leistung sind. Wie sich im Umkehrschluss aus §§ 280, 286 BGB ergibt, verpflichtet erst die Nichtzahlung auf eine verzugsbegründende Mahnung zum Schadensersatz. Hieraus kann abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber auch die verzugsbegründende Mahnung noch als Teil der vertraglichen Obliegenheiten ansieht, die gesetzlich terminiert sind. Inwieweit diese gesetzliche Regelung, und für diesen Fall wem gegenüber – Verbraucher oder Unternehmer –, dispositiv ist, bedarf an dieser Stelle keiner vertiefenden Erörterung. Gleiches gilt für den Umstand, dass bei Mietverhältnissen regelmäßig für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, so dass es nach der Entscheidung des Gesetzgebers in § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht einmal dieser Mahnung bedarf. In den hier besprochenen Fällen der beiden Amtsgerichte wurden jeweils zwei Mahnungen des Gläubigers – insoweit überobligatorisch – ausgesprochen. Das entspricht – soweit zu ersehen – auch sonst der Praxis der Gläubiger.
Hinweis
Das stellt nicht in Frage, dass es auch Fälle geben kann, in denen keine ausdrückliche Mahnung mehr erfolgt. Dabei erscheint es nicht sachgerecht von "Überfall-Inkasso zu sprechen. Für die Fälle des § 286 Abs. 2 und 3 BGB, in denen eine Mahnung entbehrlich ist, sprechen gute Gründe. Der Schuldner hat Kenntnis von seiner Zahlungspflicht und muss nicht noch einmal erinnert werden."
Auch bei der Selbstmahnung durch eine Rücklastschrift hat er Kenntnis von seiner unmittelbaren Zahlungspflicht. Hinzu kommt, dass in diesen Fällen bei der Kartenzahlung etwa im stationären Einzelhandel oder an der Tankstelle der Schuldner mit seinem Namen und s...