Rz. 49
Die Mahnung – nicht die sonstigen Verzugsvoraussetzungen – kann ferner auch nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich sein, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. In diesem Fall verhielte sich der Schuldner entgegen Treu und Glauben, wenn er den Verzugsfolgen den Einwand entgegensetzen könnte, er sei nicht gemahnt worden. Als Erfüllungsverweigerung wurden anerkannt:
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die Weisung an einen Notar, nicht zu zahlen, |
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der Auszug des Unterhaltsschuldners bei gleichzeitiger Einstellung der Unterhaltsleistungen, |
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die Aussage des Schuldners, er werde erst zahlen, wenn er hierzu verurteilt sei, |
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die Verweigerung des Anspruchs auf Urlaubsgewährung. |
Rz. 50
Dagegen genügt es den Voraussetzungen des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht, wenn der Schuldner
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lediglich um Stundung bittet, da dies die grundsätzliche Leistungsbereitschaft nicht in Frage stellt, |
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mitteilt, dass er derzeit zur Leistung nicht in der Lage sei, |
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rechtliche Zweifel an der Berechtigung der Forderung äußert, zugleich mit der Leistungsablehnung aber Bereitschaft zeigt, über die Streitpunkte zu verhandeln. |
In diesen Fällen wird gerade noch um die Leistung gerungen, so dass von einer endgültigen Erfüllungsverweigerung nicht ausgegangen werden kann.
Voraussetzung der Entbehrlichkeit der Mahnung bleibt auch hier, dass die Schuld zum Zeitpunkt der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung bereits fällig war. Der BGH hat den Eintritt der Verzugsfolgen etwa verweigert, weil die Weigerung des Schuldners, die vertragsgemäße Leistung zu erbringen, erfolgt ist, bevor diese Leistungspflicht überhaupt fällig war. Eine grundlose endgültige Weigerung des Schuldners, eine noch nicht fällige Verpflichtung aus einem Vertragsverhältnis zu erfüllen, ist nach Ansicht des BGH zwar eine Vertragsverletzung, die in einem gegenseitigen Vertragsverhältnis den Gläubiger berechtigen kann, schon vor Fälligkeit der Leistung des Schuldners vom Vertrag zurückzutreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Die Weigerung führt jedoch nicht dazu, dass die Leistung des Schuldners unabhängig von der hierfür vereinbarten Zeit oder unabhängig von den hierfür vereinbarten Umständen fällig wird und der Gläubiger von dem Schuldner neben der Leistung den Ersatz eines Verzugsschadens oder eine für den Fall des Verzugs vereinbarte Vertragsstrafe verlangen könnte. Nach anderer Ansicht soll in diesem Fall der Verzug erst mit der Fälligkeit eintreten. Für die Praxis wird dem BGH zu folgen sein, so dass insbesondere der Gläubiger und sein Bevollmächtigter die Fälligkeit prüfen müssen.
Hinweis
In den Fällen des § 286 Abs. 2 Nr. BGB dürfte jeweils ein Bestreiten der Forderung liegen, so dass auch in Frage zu stellen ist, ob im kostenrechtlichen Sinne (noch) eine Inkassodienstleistung nach Nr. 2300 Abs. 2 VV RVG vorliegt. Im Zweifel wird in diesen Fällen die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG als einschlägig zu betrachten sein.