Rz. 399
Inkassodienstleistern war bis zum 30.6.2008 eine Vertretung des Gläubigers in der Zwangsvollstreckung nicht gestattet, soweit es sich um gerichtliche Vollstreckungsmaßnahmen handelte. Damit waren Inkassodienstleister auf die Beauftragung des Gerichtsvollziehers zur Durchführung der Mobiliarzwangsvollstreckung in Form der Sachpfändung sowie des Offenbarungsverfahrens mit der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung beschränkt. Die Forderungsvollstreckung als zweiter Arm der Mobiliarzwangsvollstreckung war ihnen verschlossen. Dies hat sich mit dem 1.7.2008 geändert. Den Inkassodienstleistern ist es nach § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO nunmehr gestattet, den Gläubiger in der gesamten Mobiliarzwangsvollstreckung, d.h. nicht mehr nur in der Sachpfändung nebst dem Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft, sondern nun auch in der Forderungsvollstreckung zu vertreten. Dazu gehört die Beantragung des Haftbefehls nach den §§ 802g ff. ZPO, die Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses nach § 758a Abs. 1 ZPO oder eines Nacht- bzw. Sonn- und Feiertagsbeschlusses nach § 758a Abs. 4 ZPO.
Rz. 400
Ausgenommen sind jeweils Verfahrenshandlungen, die ein streitiges Verfahren einleiten oder die innerhalb eines streitigen Verfahrens vorzunehmen sind.
Rz. 401
Hinweis
Damit ist es den Inkassodienstleistern auch zukünftig verwehrt, eine Erinnerung nach § 766 ZPO oder eine sofortige Beschwerde nach den §§ 793, 567 ff. ZPO einzulegen und/oder das entsprechende Verfahren zu betreiben. Dies stellt keine überzeugende Grenzziehung dar. Wer die erforderliche theoretische und praktische Sachkunde für das Betreiben der Zwangsvollstreckung haben muss, um als Inkassodienstleister registriert zu werden, dem ist auch die notwendige Sachkunde zur sachgerechten Durchführung der Rechtsmittelverfahren zumindest in Nebenverfahren zuzutrauen. Nachdem der Gesetzgeber nicht nur mit dem Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie, sondern auch mit dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht die verfassungsrechtliche Gleichstellung von Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern als zwingend angesehen hat, wird es wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis die Erweiterung von § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO auf die Nebenverfahren in der Zwangsvollstreckung, insbesondere nach §§ 573, 766, 793 ZPO, diskutiert und angepasst werden wird, wenn nicht das Bundesverfassungsgericht im hier vertretenen Sinne entscheiden soll.
Dabei muss auch betrachtet werden, dass die gesonderte Beauftragung des Rechtsanwaltes in solchen Verfahren nur zusätzliche Kosten verursacht, die der Schuldner zu tragen hat. Denkbar wäre bei der Erweiterung von § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO dabei eine Erstreckung auf § 79 Abs. 3 S. 3 ZPO, so dass das Rechtsmittelgericht einen Inkassodienstleister von der Vertretung ausschließen könnte, wenn er sich als nicht geeignet erweist, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen. Im Rahmen der Diskussion um die quantitative und qualitative Erweiterung der Anforderung an die Sachkunde eines Inkassodienstleisters könnten dabei Kenntnisse in den rechtsmittelverfahren auch ausdrücklich in den Katalog der Rechtskenntnisse aufgenommen werden, in denen die Sachkunde nachzuweisen ist.
Rz. 402
War für die bisher erlaubte Tätigkeit der Inkassodienstleister in der Zwangsvollstreckung die Frage nach der Höhe und dem Verfahren der Kostenerstattung für die Inkassodienstleister lange streitig, hat schon Art. IX Abs. 2, Abs. 1 S. 3 KostÄndG für Klarheit gesorgt. Nach Abs. 1 S. 1 der Vorschrift galt zunächst das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für die Vergütung von Personen, denen die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erteilt worden ist, sinngemäß. Diese Vorschrift galt nach allgemeinem Verständnis des Art. IX Abs. 2 KostÄndG nicht für Inkassodienstleister. Diese Sichtweise hat der Gesetzgeber in § 4 Abs. 1 RDGEG übernommen und daran auch mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken wie dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht nichts geändert.
Rz. 403
Es entsprach schon in der Vergangenheit einhelliger Rechtsprechung, dass der Gläubiger vom Schuldner die Kosten eines Inkassodienstleisters für das Betreiben von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erstattet verlangen kann, wenn die Inkassokosten die Kosten, die für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes sonst erforderlich geworden wären, nicht übersteigen. Im Ergebnis können die Inkassokosten damit bis zur Höhe der entsprechenden Rechtsanwaltsgebühren als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 Abs. 1 ZPO vollstreckt und nach § 788 Abs. 2 ZPO auch festgesetzt werden, jedenfalls soweit dadurch entsprechende Rechtsanwaltskosten gespart wurden.
Rz. 404
Diese Rechtslage hat der Gesetzgeber über die Jahre bis heute beibehalten und von – dem durch Art. 20 Nr. 7 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes zum 1.7.2008 aufgehobenen – Art. IX KostÄndG in § ...