Rz. 236
Die Auslagenerstattung folgt der vertraglichen Regel. Bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag nach §§ 675, 611 BGB richtet sie sich mangels abweichender vertraglicher Bestimmung ansonsten nach §§ 675, 670 BGB. Vergütungsfähig im Verhältnis zum Gläubiger sind dabei die Auslagen, die der Inkassodienstleister nach pflichtgemäßem Ermessen veranlassen durfte, die zweckmäßig und erforderlich waren, sofern einzelne Auslagen nicht ausdrücklich vereinbart wurden.
Kein Zweifel kann daran bestehen, dass die Gebühren und Auslagen der Gerichte und der Vollstreckungsorgane zu den vergütungsfähigen Auslagen gehören. Sie sind nach Vorbem. 7 Abs. 1 VV RVG zu ersetzen.
Rz. 237
Gerade bei der Erbringung von Inkassodienstleistungen ist zu beobachten, dass sich der Schuldner auf die Rechnungstellung und die Mahnungen des Gläubigers nicht mit diesem in Kontakt setzt. Das wirft die Frage nach dem Grund auf. Denkbar ist, dass der Schuldner gar nicht mehr an der ursprünglichen Adresse wohnt oder aber seine wirtschaftliche Situation so desolat ist, dass er sich gar nicht mehr kümmern will. Dies macht vielfach Adressnormierungen, -verifizierungen und -ermittlungen ebenso wie die Überprüfung der Leistungsfähigkeit mit Abfragen des Schuldnerverzeichnisses und den Bonitätscores der einschlägigen Auskunfteien notwendig. Da viele Schuldner ihren Meldepflichten nicht nachkommen, setzt die Adressermittlung zwar bei den Einwohnermeldeämtern an, geht aber mithilfe entsprechender Dienstleister darüber hinaus. Während der Schuldner nämlich das Einwohnermeldeamt meidet, muss er bei Bestellungen im e-Commerce seine tatsächliche Lieferanschrift angeben. Dies wird von den seriösen Auskunfteien in Deutschland unter Beachtung des Datenschutzes unter der Voraussetzung eines durch die Forderungseinziehung begründeten rechtlichen Interesses geleistet. Auch die hierdurch begründeten Aufwendungen sind zunächst vom Gläubiger zu tragen, begründen einen entsprechenden Ersatzanspruch des Rechts- und Inkassodienstleisters nach Vorbem. 7 Abs. 1 VV RVG, führen so zu einem Gläubigerschaden und sind jedenfalls dem Grunde nach deshalb auch erstattungsfähig.
Ebenfalls in großer Zahl finden sich bei Inkassodienstleistern eher kleine Forderungen von unter 50 EUR, jedenfalls unter 500 EUR. Für Rechtsanwälte sind Forderungen bis 500 EUR oder auch bis 1.000 EUR gebührenrechtlich selten interessant. Bei solchen Forderungen muss gesehen werden, dass die vorgerichtliche Forderungseinziehung, eine Titulierung und die anschließende Vollstreckung allein von den Drittauslagen sowie den Gerichts- und Vollstreckungskosten die Hauptforderung übersteigt. Deshalb ist es sinnvoll, vor solchen Maßnahmen zunächst zu prüfen, ob eine Realisierungschance besteht. Deshalb sind einzelfallbezogene Bonitätsprüfungen hier nicht nur sinnvoll, sondern eigentlich zwingend erforderlich. Je nach deren Ergebnis kann die weitere Einziehung – unter Beachtung der Verjährung – zunächst aufgeschoben oder jedenfalls auf die regelmäßige außergerichtliche Mahnung der Forderung beschränkt werden, bis sich eine Gelegenheit zur gütlichen Einigung bietet, so dass mit verjährungsverlängernden Vereinbarungen, Sicherungsabtretungen und geringen Raten ein gestreckter Forderungsausgleich gelingt. Das liegt auch im Interesse des Schuldners, weil sonst seine Verbindlichkeiten durch Zinsen und Kosten sprunghaft steigen und die Entschuldung unwahrscheinlicher wird.
Hinweis
Es muss vor diesem Hintergrund sehr genau hingeschaut werden, bevor aus einem langen außergerichtlichen Mahnprozess auf die mangelnde Berechtigung der Forderung geschlossen wird. In vielen Fällen wird er der Erkenntnis entspringen, dass es sinnvoll ist, dem Schuldner Zeit zur wirtschaftlichen Erholung zu geben ohne – schon vor dem Hintergrund der Verjährung und der Verwirkung – die Forderung in Vergessenheit geraten zu lassen.