1. Einleitung
Rz. 11
Das BGB kennt verschiedene Formen der Leistungsstörungen mit unterschiedlichen Rechtsfolgen. Beim Schuldnerverzug kann die Leistung vom Schuldner grundsätzlich noch erbracht werden. Es wird jedoch zu spät geleistet. Das Gesetz spricht dem Gläubiger für diesen Fall nach § 280 Abs. 1 BGB einen Schadenersatzanspruch gegen den Schuldner wegen dieser Pflichtverletzung zu. Die besonderen Voraussetzungen des Schuldnerverzuges hat der Gesetzgeber in § 286 BGB geregelt.
Rz. 12
Nach §§ 286, 280 BGB sind folgende Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch aus Verzug zu prüfen:
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Liegt ein Schuldverhältnis vor? |
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Wurde die vom Schuldner zu erbringende (Gegen-)Leistung nicht erbracht (Nichtleistung)? |
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Ist die Leistung noch möglich? |
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Ist der geltend gemachte Anspruch fällig? |
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Wurde der Anspruch gemahnt oder ist die Mahnung im Einzelfall, insbesondere auch nach §§ 286 Abs. 2, 3 BGB, entbehrlich? |
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Beruht die Nichtleistung auf einem Verschulden des Schuldners? |
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Ist die Forderung noch durchsetzbar? |
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Ist durch die verzögerte Zahlung bzw. Nichtleistung ein Schaden entstanden? |
Rz. 13
Liegen die Voraussetzungen des Verzuges vor, muss nach Verzugseintritt ein Verzögerungsschaden eingetreten sein. Dieser Schaden ist dann nach §§ 280, 286, 288, 249 BGB zu ersetzen. Eine klassische Schadensposition stellen die Rechtsverfolgungskosten und darunter die Inkassokosten dar. Die Höhe des Schadens ist im Einzelfall festzustellen.
Eine Einschränkung der Erstattungsfähigkeit kann sich sodann aus dem Aspekt der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB sowie – als spezielle Ausprägung – § 13e Abs. 1 RDG ergeben.
Hinweis
Zu beachten ist, dass § 13e Abs. 1 RDG – wie schon § 4 Abs. 5 RDGEG – keine Anspruchsgrundlage für die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten darstellt. Vielmehr ist zunächst nach dem Erstattungsanspruch und dessen Voraussetzungen dem Grunde nach zu fragen, um im zweiten Schritt den Schaden der Höhe nach festzustellen. Erst dann stellt sich die Frage nach der betragsmäßigen Begrenzung gemäß § 13e Abs. 1 RDG. Wird im zweiten Schritt schon aufgrund der Vergütungsvereinbarung der Schaden am RVG gemessen, kommt es auf die Begrenzung schon nicht mehr an.
2. Schuldverhältnis
Rz. 14
Die Verzugsvorschriften gelten grundsätzlich für alle vertraglichen Schuldverhältnisse. Im Zusammenhang mit Inkassodienstleistungen sind insbesondere Kauf-, Miet-, Dienstleistungs-, Werk-, Darlehens-, Versicherungs-, Versorgungs- und Telekommunikationsverträge zu nennen.
Allerdings sind die Vorschriften darauf nicht beschränkt. Auch bei sachenrechtlichen, familienrechtlichen und erbrechtlichen Schuldverhältnissen sind die §§ 286 ff. BGB anwendbar, wobei die Besonderheiten des jeweiligen Schuldverhältnisses zu beachten sind.
Liegt kein Schuldverhältnis vor, ist zu prüfen, ob sich ein Ersatzanspruch aus den Vorschriften über die unerlaubte Handlung ergeben kann.
3. Nichtleistung durch den Schuldner
Rz. 15
Voraussetzung des Verzuges ist die nicht oder nicht fristgerechte Leistung. Der Gläubiger ist nur verpflichtet, die Nichtleistung zu behaupten. Macht der Schuldner dagegen geltend, seine Leistung erbracht zu haben, ist er für die Art und insbesondere den Zeitpunkt der Leistung darlegungs- und beweispflichtig.
Hinweis
In der Praxis zeigen sich häufig die Fälle, dass der Schuldner die Überweisung seiner Zahlungsverpflichtung zwar veranlasst hat, es dabei aber zu einer Störung gekommen ist, etwa weil der Schuldner eine falsche IBAN bei der Überweisung angegeben hat oder sich bei dem Kreditinstitut ein Übertragungsfehler eingeschlichen hat. Auch sind Fälle zu sehen, in denen es zu Rücklastschriften oder einer verweigerten Überweisung kommt, weil das Konto nicht gedeckt ist oder sogar aufgelöst wurde. Diese Umstände liegen in der Sphäre des Schuldners, berühren die Feststellung der objektiven Nichtleistung nicht und können allenfalls im Verhältnis des Schuldners zu seinem Kreditinstitut zu Regressansprüchen führen. Dazu kommen die Fälle, in denen der Gläubiger mehrere Forderungen gegen den Schuldner hat, der Schuldner auch tatsächlich eine Forderung getilgt hat, die aber (deshalb) auch nicht mehr Gegenstand des Inkassoauftrages ist. In der Behauptung, es liege keine Nichtleistung vor, liegt dann jeweils ein Bestreiten im Sinne von § 13 Abs. 2 RVG und Nr. 2300 Abs. 2 VV RVG.
4. Möglichkeit der Leistung
Rz. 16
Diese Voraussetzung dient allein der Abgrenzung des Verzuges von den besonderen Regelungen der Unmöglichkeit. Ist eine Leistung im Sinne des § 2...