Rz. 389
Der Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens nach §§ 280, 286 BGB begründet ebenso wie der deliktische Schadensersatzanspruch und die selbstständige vertragliche Kostenübernahmevereinbarung einen materiell-rechtlichen Anspruch, der nach § 194 BGB der Verjährung unterliegt. Die Ansprüche verjähren mangels Sonderverjährungsvorschriften nach § 195 BGB damit grundsätzlich nach drei Jahren, wobei die Verjährung nach § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Rz. 390
Allerdings darf nicht allein die Regelverjährung nach § 195 BGB von drei Jahren in den Blick genommen werden. Vielmehr ist § 217 BGB zu beachten. Danach verjährt mit dem Hauptanspruch auch der Anspruch auf die von ihm abhängenden Nebenleistungen. Dies gilt nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung auch dann, wenn die Verjährung für den Nebenanspruch selbst noch nicht eingetreten ist. Der BGH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auch der Schadensersatzanspruch auf die Rechtsverfolgungskosten zu den Nebenleistungen im Sinne des § 217 BGB gehört. Nicht anwendbar ist § 217 BGB nur, wenn der Anspruch auf die Rechtsverfolgungskosten vor Ablauf der Verjährung eingeklagt wurde.
Rz. 391
Streitig war, ob der Anspruch auf den Schaden auch dann nach § 217 BGB verjährt, wenn allein die Verjährung des Hauptanspruches durch eine Maßnahme nach § 204 BGB gehemmt war oder nach § 212 BGB neu begonnen hat. Dies wurde in der Literatur in Abgrenzung von einer Entscheidung des OLG Köln teilweise abgelehnt. Das OLG hatte trotz der zwischenzeitlichen Titulierung des Hauptanspruches den Schadensanspruch der ursprünglichen Verjährung des Hauptanspruches unterworfen und daraus abgeleitet den Eintritt der Verjährung angenommen. Obwohl also der Hauptanspruch aufgrund der Titulierung nun nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB erst nach 30 Jahren verjährt, wurde der Verzugsschadensersatzanspruch der hypothetischen Ausgangsverjährungsfrist unterworfen. Dem wurde entgegengehalten, dass damit die von § 217 BGB gewollte Verbindung von Haupt- und Nebenanspruch aufgehoben werde. Deshalb spreche die Ratio der Vorschrift gegen das vom OLG Köln dokumentierte Verständnis.
Rz. 392
Der BGH ist jedoch dem OLG Köln gefolgt und hat die Verjährung des Anspruchs auf den Verzugsschaden selbst für den Fall angenommen, dass die Bezifferung des Verzugsschadens erst nach der Verjährung des Hauptanspruches möglich ist.
Rz. 393
Beispiel
Der Gläubiger G hat einen Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 7.000 EUR. Dieser verjährt in der Regelverjährung von drei Jahren nach § 195 BGB, die am 31.12.2021 vollendet ist. Im Dezember 2021 erwirkt G deshalb einen Vollstreckungsbescheid. Die Inkassokosten wurden irrtümlich nicht mit tituliert. Im März 2022 verlangt der G nun die Erstattung der Inkassokosten für die vorgerichtliche Forderungsbeitreibung. S beruft sich auf die Einrede der Verjährung.
Obwohl der Anspruch aus dem Vollstreckungsbescheid nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB erst nach 30 Jahren verjährt, unterliegt der nicht titulierte Anspruch auf den Ersatz des Verzugsschadens weiterhin der hypothetischen Verjährung des Hauptanspruchs, mithin der Regelverjährung von drei Jahren, die am 31.12.2021 eingetreten ist. Damit greift die Verjährungseinrede des S durch.
Rz. 394
Hinweis
Der Gläubiger kann dieser Folge entgehen, wenn er den Verzugsschadensersatzanspruch vor dem Eintritt der hypothetischen Verjährung des Hauptanspruches tituliert. Dem kommt insbesondere dann Bedeutung zu, wenn der Hauptanspruch aus irgendeinem Grunde nicht tituliert werden soll.