Rz. 105
Tritt der Gläubiger die Forderung ab, tritt nach § 398 S. 2 BGB der neue Gläubiger (Zessionar) mit dem Vertragsabschluss an die Stelle des alten Gläubigers (Zedenten), so dass für den weiteren Verzugseintritt ebenso wie für die Bestimmung des Verzugsschadens allein auf den neuen Gläubiger abzustellen ist. Dem neuen Gläubiger stehen (auch) die Folgeansprüche aus der Forderung zu, also die Ansprüche aus §§ 280 ff. wegen Nichterfüllung, Verzugs, sonstiger Pflichtverletzungen sowie auf Aufwendungsersatz, Herausgabe des Surrogats.
Rz. 106
Anders verhält es sich allerdings dann, wenn die Forderung lediglich zur Sicherung oder zur Einziehung abgetreten wurde. In diesem Fall ist die abgetretene Forderung wirtschaftlich noch dem Altgläubiger (Zedenten) zuzurechnen, so dass allein auf dessen Verhältnisse zur Berechnung des Verzugsschadens abzustellen ist. Der BGH konstruiert diese § 398 S. 2 BGB widersprechende Folge über die Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation. Sie findet ihren Widerhall aber auch in § 2 Abs. 2 RDG, wonach die Einziehung einer allein zu diesem Zeck abgetretenen Forderung eine Rechtsdienstleistung bleibt.
Hinweis
Der Hintergrund für die fiduziarische Abtretung bei der Erbringung von Inkassodienstleistungen ist meist § 750 ZPO. Danach darf die Zwangsvollstreckung nur für und gegen die im Titel genannte Person vollstreckt werden. Gerade Kapitalgesellschaften ändern aber immer wieder in Verbindung mit Rechtsnachfolgen auch Ihre Rechtsform oder werden von anderen Unternehmen gekauft. Die danach notwendige Umschreibung nach § 727 ZPO verursacht nicht nur erhebliche Kosten für die der Gläubiger in Vorlage treten muss, sondern ist in der gesetzlichen Konstruktion und dem daraus abgeleiteten Verständnis der Rechtsprechung auch schwer umsetzbar. Diese Probleme lassen sich mit einer fiduziarischen Abtretung in der Praxis besser lösen, d.h. wenn auf den in seiner Rechtsform stabileren Inkassodienstleister tituliert wird. Im Umkehrschluss kann deshalb aus der Titulierung auf den Inkassodienstleister nicht darauf geschlossen werden, dass dieser auch auf eigene Rechnung tätig wird.
Rz. 107
Die Forderungsabtretung im Rahmen eines Forderungskaufes führt deshalb zu keinen geänderten Rechtsfolgen für den Schuldner. Gegenüber dem neuen Gläubiger setzt sich die Zahlungsverzögerung fort, so dass diesem nunmehr die (weiteren) Schadensersatzansprüche zustehen, soweit der Schaden in seiner Person eintritt. Die bisherigen Rechtsverfolgungskosten des Altgläubigers kann der Neugläubiger beanspruchen, soweit sie ihm – dem gesetzlichen Regelfall entsprechend – abgetreten wurden. Dabei bleibt unerheblich, wer die Forderung kauft, d.h. ob ein beliebiger Dritter, die Inkassogesellschaft oder eine mit dem Inkassodienstleister verbundene Kaufgesellschaft.
Hinweis
Es wäre auch in der Sache nicht gerechtfertigt, den Schuldner an dieser Stelle zu privilegieren. Seine Pflichtverletzung, die nicht Leistung, führt nicht selten zu Liquiditätsproblemen beim Gläubiger. Nicht umsonst gehören offene Forderungen zu den häufigsten Ursachen für eine Unternehmensinsolvenz. Der Schuldner hat es in der Hand, durch einen frühzeitigen Ausgleich der offenen Forderung deren Verkauf und Abtretung zu vermeiden. In gleicher Weise kann er die Auseinandersetzung mit dem neuen Gläubiger allein aus seiner Sphäre herrührend durch Leistung beenden. Auch kann dem Altgläubiger nicht verwehrt werden, seinen Schaden im Sinne einer Beeinträchtigung seiner Liquidität durch den Forderungsverkauf möglichst gering zu halten. Sind im Einzelfall von der Abtretung weitere Schutzgüter betroffen, so hat der Gesetzgeber hier für besondere Regelungen geschaffen, die die Abtretung einschränken. Dies gilt etwa für Forderungen, Die besonders schützenswerte personenbezogene Daten betreffen. Hierzu zählen ärztliche oder anwaltliche Gebührenforderungen. Außerhalb solcher gesetzlichen Regelungen sind nicht ausgeglichene Forderungen dagegen frei veräußerbar.
Dient der Forderungsverkauf der schnellen Liquiditätsgewinnung durch den Alt-Gläubiger, die durch die verzögerte Zahlung in Frage gestellt wurde, stellt sich also der Forderungskauf faktisch als Vorfinanzierung der sonst über die Zeitschiene zu erreichenden Einziehungsergebnisse dar. Es erfolgt lediglich ein Abschlag, weil man der Käufer das Risiko trägt, dass die vermutete Einziehungsquote tatsächlich erreicht wird.
Rz. 108
Diese Konstellation darf nicht mit der Problematik des echten Konzerninkassos verwechselt werden. Die damit verbundenen Fragen stellen die Zulässigkeit der Forderungskaufes und der Forderungsabtretung nicht in Frage. Unter echtem Konzerninkasso sind Fälle zu verstehen, bei denen die Ursprungsforderung in einem mit dem Inkassodienstleister im Sinne des § 15 AktG verbundenen entstanden sind (Ursprungsgläubiger). Der Ursprungsgläubiger mahnt die Forderung dann auch debitorisch und verzugsbegründend an. Obwohl er in diesem Zeitpunkt in der Lage und berechtigt wäre, die Ford...