Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 10
Mandate von Unternehmen erscheinen grundsätzlich lukrativ und schon deshalb interessant. Allerdings sollte gesehen werden, dass ein selbstständig tätiger Rechtsanwalt, welcher nur einen oder wenige, aber große Auftraggeber vertritt, von diesem bzw. diesen wirtschaftlich abhängig sein kann. Nach § 43a Abs. 1 BRAO darf ein Rechtsanwalt keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden. Vor der Geschäftsanbahnung mit einer Firma als neuer Mandantin sollte überdies deren Seriosität abgeschätzt werden. Schon aus einem Briefbogen lässt sich einiges ablesen. Dieser sollte alle wichtigen Informationen enthalten, u.a.: die korrekt eingetragene Bezeichnung (auch der gesetzlichen Vertreter), die Anschrift, die Kommunikationsdaten, die E-Mail- und Internetadresse, den Handelsregister-Eintrag, die Verbandszugehörigkeiten und die Bankverbindung und Steuernummer. Fehlen diese Angaben, ist Vorsicht angezeigt.
Es dürfte vom "Fingerspitzengefühl" – auch bei privaten Klienten – abhängen, ob ein angemessener Vorschuss auf die entstandenen und die voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen gemäß § 9 RVG verlangt wird. Zu empfehlen ist aber in jedem Fall eine zeitnahe Abrechnung der erbrachten Leistungen. Wenn dem Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Staatskasse zusteht, kann er für die entstandenen Gebühren und die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslagen aus der Staatskasse einen angemessenen Vorschuss fordern, § 47 Abs. 1 S. 1 RVG. Bei Beratungshilfe kann der Rechtsanwalt aus der Staatskasse keinen Vorschuss fordern, § 47 Abs. 2 RVG.
Rz. 11
Seit dem Inkrafttreten des RVG haben in der anwaltlichen Praxis – grundsätzlich zulässige – Vergütungsvereinbarungen, die nach § 3a Abs. 1 RVG zwingend mittels spezieller Textform zu schließen sind, zugenommen. Sie haben einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Fall der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss, § 3a Abs. 1 S. 3 RVG.
Rz. 12
Eine formfreie Gebührenvereinbarung für eine außergerichtliche Beratung liegt nur vor, wenn sich den Abreden der Parteien entnehmen lässt, dass oder in welchem Umfang die vereinbarte Vergütung ausschließlich Leistungen nach § 34 RVG umfasst.
Rz. 13
Eine Vergütungsvereinbarung ist von anderen Vereinbarungen – mit Ausnahme der Auftragserteilung – abgesetzt, wenn der Vertrag die Vergütungsvereinbarung in einem gesonderten und entsprechend gekennzeichneten Abschnitt oder Paragrafen regelt. Deutlich ist dieses Absetzen, wenn die Vergütungsvereinbarung optisch eindeutig von den anderen im Vertragstext enthaltenen Bestimmungen – mit Ausnahme der Auftragserteilung – abgegrenzt ist.
Rz. 14
Gem. § 49b BRAO, § 21 BORA ist es unzulässig, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, als das RVG vorsieht, soweit nichts anderes bestimmt ist. Nach § 4 Abs. 1 S. 3 RVG kann der Rechtsanwalt ganz auf eine Vergütung verzichten, wenn Gegenstand der außergerichtlichen Angelegenheit eine Inkassodienstleistung i.S.d. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG ist.
Überdies ist die Vereinbarung einer niedrigeren als der gesetzlichen Vergütung oder ein vollständiger Verzicht möglich, wenn die Angelegenheit eine Inkassodienstleistung in einem Verfahren nach § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO betrifft. Dabei geht es um die Vertretung eines Antragstellers bei der Durchführung des gerichtlichen Mahnverfahrens, vor allem bei den Anträgen auf Erlass eines Mahnbescheids, §§ 688, 690 ZPO, und eines Vollstreckungsbescheids, § 699 ZPO. Die Erlaubnis, geringere Gebühren zu verlangen, ist auf das Mahnverfahren beschränkt; sie endet mit der Abgabe der Sache an das Streitgericht, § 696 ZPO, also mit dem Zeitpunkt der Anhängigkeit des Streitverfahrens mit Eingang der Akten beim Streitgericht, § 696 Abs. 1 ZPO. Ferner dürfen geringere Gebühren und Auslagen bei der Vertretung des Gläubigers in Rahmen der Zwangsvollstreckung vereinbart werden.
Rz. 15
Eine höhere als die gesetzliche Vergütung kann prinzipiell vereinbart werden. Bei einer Vereinbarung ist darauf zu achten, dass die Gebühr im konkreten Fall angemessen und keineswegs sittenwidrig ist. Die Gebühr muss also im angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung sowie zum Haftungsrisiko des Rechtsanwalts stehen. Dies muss der Rechtsanwalt in jedem Einzelfall gesondert prüfen. Bei der Verwendung von Mustern oder vorformulierten Vergütungsvereinbarungen gelten §§ 305 ff. BGB. Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist eine Bestimmung unwirksam, wenn der Vertragspartner gemäß § 242 BGB unangemessen benachteiligt wird.
Rz. 16
Dem Rechtsanwalt steht aus einer Vergütungsvereinbarung, die den Anforderungen der §§ 3a Abs. 1 S. 1 und 2, 4a Abs. 1 und 3 Nr. 1 und 4 oder 4a Abs. 2 RVG nicht genügt, maximal die gesetzliche Vergütung zu und bei einer Unterschreitung der gesetzlichen Vergütung lediglich die niedrigere vereinbarte Vergütung, § 4b S. 1 RVG.
Überzahlte Beträge kann der Ma...