Rz. 153
Die Angelegenheiten der Zwangsvollstreckung müssen sorgfältig zu anderen Angelegenheiten abgegrenzt werden. Dabei muss unterschieden werden, ob der Rechtsanwalt bereits im Erkenntnisverfahren tätig war oder nicht.
Für den Rechtsanwalt, der bereits im Erkenntnisverfahren tätig war, beginnt die Zwangsvollstreckung erst, wenn die Handlungen des Erkenntnisverfahrens abgeschlossen sind. So gehört die Erteilung der Vollstreckungsklausel oder einer vollstreckbaren Ausfertigung oder die Zustellung des Titels an die Gegenseite regelmäßig noch zu den Handlungen des Erkenntnisverfahrens. Sie lösen noch nicht die Gebühren des Zwangsvollstreckungsverfahrens aus.
Für den Rechtsanwalt, der erstmals im Rahmen der Zwangsvollstreckung auftritt, können diese Tätigkeiten jedoch nicht vergütungsfrei sein. Er hat die beauftragte Zwangsvollstreckung vorzubereiten. Hier beginnt die Zwangsvollstreckung mit der Entgegennahme des Auftrages und der ersten Tätigkeit, die er im Hinblick auf die Erfüllung dieses Auftrages entfaltet. Das kann bereits die Annahme der Informationen und Unterlagen sein. Auch die Vornahme von Handlungen wie z.B. die Anforderung einer vollstreckbaren Ausfertigung, die sonst zum Erkenntnisverfahren gehört, sind damit ausnahmsweise Vollstreckungshandlungen.
Rz. 154
Bei der Abgrenzung der Vollstreckungsmaßnahmen untereinander unterscheidet § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG zwischen Vollstreckungsmaßnahmen und Vollstreckungshandlungen. Die Vollstreckungshandlungen sind dabei die Tätigkeiten innerhalb einer Vollstreckungsmaßnahme. Mit den Gebühren einer Vollstreckungsmaßnahme sind alle Vollstreckungshandlungen innerhalb dieser Maßnahme abgegolten, sofern sie nicht eigene Gebühren auslösen.
Beispiel:
Die Pfändung eines Kontos ist eine Vollstreckungsmaßnahme. Beantragt der Schuldner nun die Einstellung der Zwangsvollstreckung, so gehört die Stellungnahme zu diesem Antrag als Vollstreckungshandlung und löst keine neuen Gebühren aus. Bestreitet die Bank jedoch Ansprüche des Schuldners, so löst die Drittschuldnerklage eigene Gebühren aus.
Eigene Gebühren im Rahmen der Zwangsvollstreckung lösen auch aus:
Rz. 155
Jede Vollstreckungsmaßnahme stellt dabei die einzelne Art der Vollstreckung, wie etwa Forderungspfändung, Sachpfändung oder Anordnung eines Ordnungsgeldes dar. Auch Gerichtsvollzieherauftrag und Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft sind – selbst, wenn sie in einem Formular beantragt werden – jeweils eigenständige Angelegenheiten, § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 16 RVG. Mit der neuen Entscheidung des BGH ist auch die Beantragung der Drittauskünfte bei Finanzamt oder Rentenversicherungsträger eine eigene Angelegenheit, die auch eine eigene 0,3 Verfahrensgebühr, begrenzt auf 2.000,00 EUR, auslöst. Strittig ist dabei nur die Frage der Erstattungsfähigkeit. Teilweise wird angenommen, dass das Vorliegen der Voraussetzungen für die Einholung je nach Antragstellung ausreichend sein soll. Unter Berücksichtigung der Frage der Notwendigkeit der Einholung dieser Auskünfte soll es aber an der Erstattungsfähigkeit fehlen, wenn der Schuldner die Forderung im Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft begleicht.
Rz. 156
Innerhalb dieser Vollstreckungsmaßnahme werden oft mehrere Vollstreckungshandlungen notwendig. Dazu gehören vorbereitenden Handlungen wie die Einholung von Einwohnermeldeamts-, Schuldner- Handels- oder Gewerbeamtsregisterauskünften. Die dafür nötigen Auslagen sind auf den Mandanten umlegbar. Das gilt auch für die eigentlichen Anträge an Gericht oder Gerichtsvollzieher sowie die nachfolgenden Verhandlungen mit Drittschuldnern. Die Vollstreckungsmaßnahme endet nach dem Gesetz mit der Befriedigung des Gläubigers. Diese Regelung ist jedoch so zu verstehen, dass die Maßnahme auch abgeschlossen ist, wenn aus ihr keine Befriedigung des Gläubigers mehr zu erwarten ist.