Rz. 49
Die Erstattung der Fahrkosten eines Rechtsanwaltes nach dem RVG erfolgt lediglich bei Geschäftsreisen. Die Geschäftsreise im Sinne des RVG ist in der Vorbem. 7 (2) des Vergütungsverzeichnisses definiert. Eine Geschäftsreise liegt danach vor, wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwalts befindet. Damit entsteht ein Fahrtkostenanspruch gegen den Mandanten stets, wenn der Rechtsanwalt zu einem Gerichts- oder anderem Termin fährt, der außerhalb der Gemeinden liegt, in denen er wohnt oder den Kanzleisitz oder einen Nebensitz unterhält. Notwendige Voraussetzung ist also das Verlassen der politischen Gemeinde, auch wenn diese zum gleichen Amtsgerichtsbezirk gehört.
Rz. 50
Liegen Wohn- und Kanzleisitz in unterschiedlichen Gemeinden, legt die Verwendung des Begriffes "oder" nahe, dass auch Fahrten vom Wohnsitz zu einem Gericht am Kanzleisitz zu erstattungsfähigen Fahrtkosten führen. Dabei gilt jedoch der Grundsatz, dass Fahrten von der Wohnung zum Kanzleisitz nicht als Geschäftsreise gelten. Eine Geschäftsreise soll nur dann vorliegen, wenn die Fahrt zum Gericht am Kanzleisitz direkt von zu Hause angetreten wird und der Rechtsanwalt ohne Umweg über die Kanzlei wieder dorthin zurückfährt.
Rz. 51
Die Fahrtkosten einer vergeblichen Anreise zu einem Termin sind nur dann zu erstatten, wenn die Verlegung so kurzfristig erfolgte, dass der Rechtsanwalt auch beim Treffen der notwendigen Vorkehrungen die vergebliche Anreise nicht hätte vermeiden können. Der Rechtsanwalt hat also sicherzustellen, dass er über kurzfristige Absagen durch sein Büro informiert wird. Eine Absage am späten Nachmittag des Tages vor einer Verhandlung führt dabei jedoch nicht mehr zur Vermeidbarkeit der Fahrtkosten. Verschuldete sehr kurzfristige Absagen durch das Gericht legen jedoch die Prüfung von Amtshaftungsansprüchen nahe.
Auch wenn der Rechtsanwalt zwar nicht anreist, die Terminsaufhebung aber zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Rechtsanwalt die Fahrt nicht mehr kostenfrei stornieren kann, sind die Stornokosten zu zahlen.
Rz. 52
Der Rechtsanwalt hat grundsätzlich ein Wahlrecht, ob er mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem eigenen Fahrzeug anreist. Erstattet werden für Fahrten mit dem eigenen Fahrzeug nach Nr. 7003 VV RVG 0,42 EUR je gefahrenem Kilometer, also Hin- und Rückfahrt. Hier trifft ihn nicht die Pflicht, eine Günstigkeitsprüfung vorzunehmen.
Bei der Wahl öffentlicher Verkehrsmittel ist ihm jedoch zuzumuten, die Kosten im Auge zu behalten und eine der günstigeren Varianten zu wählen.
Rz. 53
Wählt der Rechtsanwalt für die Reise die Bahn, so darf er die 1. Klasse wählen und auch die Kosten einer Sitzplatzreservierung geltend machen. Dies folgt im Erst-Recht-Schluss aus § 5 JVEG, der Sachverständigen, Zeugen und Dolmetschern die Erstattung dieser Kosten zubilligt.
Eine vorhandene Bahncard muss der Rechtsanwalt nicht nutzen. Setzt er seine Bahncard ein, kann er nur die tatsächlich entstandenen Kosten erstattet verlangen. Die Kosten der Bahncard sollen dabei als Geschäftskosten nicht erstattungsfähig sein. Teilweise wird jedoch angenommen, dass auch die anteiligen Kosten einer Bahncard im Verhältnis zur Jahresfahrleistung zu erstatten sind. Dabei gelten die Kosten einer regulären Bahnfahrt als Obergrenze. Für die Ermittlung der anteiligen Kosten der Bahncard am Jahresaufkommen muss aber erst der Ablauf des Geltungszeitraumes der Bahncard abgewartet werden, um die gesamte Strecke angeben zu können. Dies ist bei gewöhnlichen Kostenfestsetzungsverfahren schlichtweg unpraktikabel.
Rz. 54
Praxistipp:
Beachten Sie, dass auf die Kosten der Bahnfahrt regelmäßig Umsatzsteuer anfällt. Ist der Rechtsanwalt selbst vorsteuerabzugsberechtigt, stellt die Umsatzsteuer auf die Fahrtkosten keine Auslage dar. Es sind lediglich die Nettokosten ohne Umsatzsteuer abzurechnen.
Rz. 55
Von der Frage der Abrechenbarkeit gegenüber dem Mandanten ist stets die Frage der Erstattungsfähigkeit durch die Gegenseite zu unterscheiden. Hier erfolgt eine gesonderte Prüfung der Notwendigkeit der Kosten der Rechtsverteidigung. Es ist also möglich, dass Kosten gegenüber dem Mandanten abgerechnet werden dürfen, die später von der Gegenseite nicht erstattet werden können. Es empfiehlt sich, bei Mandatserteilung in den Konstellationen in denen Reisekosten anfallen werden, darauf hinzuweisen.
Als Grundregel für die Erstattungsfähigkeit gilt, dass der Mandant die Kosten erstattet bekommt, wenn er einen Anwalt am Gerichtsstand oder an seinem Wohnsitz beauftragt. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Beauftragung am Wohnort nicht notwendig war. Muss der Rechtsanwalt von einem weiteren Ort anreisen, bleiben die zu erstattenden Kosten auf die Kosten der Anreise vom Wohnort des Mandanten begrenzt. In Ausnahmefällen, z.B. bei besonderer Spezialisierung oder die Wahl eines Vertrauensanwaltes, kann auch eine weitere Anreise erstattungsfähig sein. Die Fahrtkosten sind der Höhe nach auf die Ko...