Rz. 194

Alle Parteien sind gehalten, auf eine zügige Erledigung des Rechtsstreites hin zu wirken. Daher liegt es nahe, in einem gerichtlichen Vergleich gleich eine Vielzahl weiterer Streitigkeiten mit zu erledigen. Das Gebührenrecht schafft dafür einen Anreiz, indem es die Vergütung dieser zusätzlichen Tätigkeit erlaubt.

Neben 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, fällt dabei für den übersteigenden Vergleichswert auch eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 VV RVG in Höhe von 0,8 Gebühren an. Die Gebühr entsteht bereits mit der Verhandlung über diese Streitgegenstände[218] oder der Protokollierung eines Vergleiches dazu. Ein Klageauftrag über diesen Teil muss nicht erteilt worden sein.

Die Terminsgebühr errechnet sich aus dem Gegenstandswert der gesamten mitverhandelten Streitgegenstände.

Für die Einigungsgebühr entsteht in Höhe von 1,0 Gebühren nach Nr. 1003 VV RVG für den gerichtlich anhängigen Teil und in Höhe von sogar 1,5 Gebühren für den Mehrvergleich. Auch hier ist es Voraussetzung, dass der Rechtsanwalt bei der Einigung beteiligt war. Wird lediglich eine bereits vorher gefundene Einigung protokolliert, entsteht für diesen Teil keine Einigungsgebühr.

 

Rz. 195

Fallen in eine Angelegenheit mehrere gebührenauslösende Tätigkeiten, so ist für die Berechnung die Grenze des § 15 Abs. 6 RVG zu beachten und die Gebühren zu kappen. Dabei ist jede Gebühr für sich zu betrachten und ins Verhältnis zur maximal möglichen Gesamtgebühr zu setzen.

 

Beispiel:

Rechtsanwalt C. Lever erhält Klageauftrag über 1.420,00 EUR Mietrückstände. Er bereitet die Klage vor und erhält die Nachricht, dass 520,00 EUR gezahlt worden sind. Er passt die Klage an und reicht sie ein.

Die Verfahrensgebühr bestimmt sich nun wie folgt:

Gegenstandswert: 1.420,00 EUR Klageauftrag und 900,00 EUR für eingereichte Klage

 
1,3 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV aus 900,00 EUR 114,40 EUR  
0,8 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3101 VV aus 520,00 EUR 70,40 EUR  
Summe 184,80 EUR  
Vergleich mit voller Gebühr aus gesamtem Gegenstandswert: 1.420,00 EUR    
1,3 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV 165,10 EUR  
Verfahrensgebühren nach § 15 Abs. 6 RVG   165,10 EUR
 

Rz. 196

 

Beispiel:

Rechtsanwalt C. Lever macht für einen Vermieter aus einem beendeten Mietverhältnis einen Mietrückstand in Höhe von 1.400,00 EUR gerichtlich geltend. Außerdem besteht zwischen den Parteien noch außergerichtlich Streit über eine Betriebskostennachforderung in Höhe von 1.100,00 EUR und Renovierungskosten in Höhe von 100,00 EUR. Der Klageauftrag beschränkt sich zunächst nur auf den Mietrückstand.

Kurz vor dem Termin erhält er Nachricht vom Vermieter, dass der Mieter die Betriebskostennachzahlung in monatlichen Raten zu 100,00 EUR zahlen wolle und dies nach Möglichkeit im derzeitigen Verfahren tituliert werden solle. Im Gerichtstermin kommt es zu einem Vergleich, nachdem ein Mietrückstand in Höhe von 1.000,00 EUR sowie die Betriebskostennachforderung in Höhe von 1.100,00 EUR in monatlichen Raten zu 100,00 EUR gezahlt werden sollen. Außerdem wird vereinbart, dass mit Abschluss des Vergleiches sämtliche gegenseitigen Forderungen erledigt sein sollen.

Der Rechtsanwalt kann nun wie folgt abrechnen:

 
Gegenstandswert: 1.400,00 EUR Mietrückstand
  1.100,00 EUR Betriebskostennachforderung
  100,00 EUR Renovierungskosten
 
1,3 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV aus 1.400,00 EUR 165,10 EUR  
0,8 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3101 VV aus 1.200,00 EUR 101,60 EUR  
Summe Verfahrensgebühren: 266,70 EUR  
Vergleich mit voller Gebühr aus gesamtem Gegenstandswert: 2.600,00 EUR    
1,3 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV 288,60 EUR  
ungekappte Verfahrensgebühren nach § 15 Abs. 6 RVG[219]   266,70 EUR
1,2 Terminsgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3104 VV aus 2.600,00 EUR   266,40 EUR
1,0 Einigungsgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3101 VV aus 1.400,00[220]  EUR 127,00 EUR  
1,5 Einigungsgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3101 VV aus 100,00[221]  EUR 73,50 EUR  
Summe Einigungsgebühren 200,50 EUR  
1,5 Einigungsgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3101 VV aus 1.500,00 EUR 190,50 EUR  
gekappte Einigungsgebühr nach § 15 Abs. 6 RVG[222]   190,50 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV   20,00 EUR
    743,60 EUR
zzgl. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   141,28 EUR
Summe:   884,88 EUR
[218] Dickersbach, Fälle und Lösungen zur Abrechnung im Mietrecht, § 6 Rn 35.
[219] Die Summe der Teilgebühren ist nicht höher als die Summe der 1,3-er Gebühr aus dem Gesamtgegenstandswert, Deshalb wird nicht gekappt.
[220] Entscheidend ist nicht das gefundene Ergebnis, sondern der verglichene Ausgangswert.
[221] Über 1,400,00 EUR war ein Klageverfahren anhängig, deshalb 1,0 Gebühren, über die 100,00 EUR für die Renovierungskosten, war kein Verfahren anhängig, deshalb 1,5 Gebühren und bei der Einigung über 1.100,00 EUR war der Rechtsanwalt nur an der Protokollierung beteiligt. Das reicht nicht für die Einigungsgebühr.
[222] Die Summe der Teilgebühren hier größer, als die 1,5-er Gebühr aus dem G...

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