Rz. 384
Die Gesellschafter können von vornherein im Gesellschaftsvertrag oder auch noch im Nachgang während der Liquidation (was dann als Änderung des Gesellschaftsvertrags zu qualifizieren ist) anstelle der Liquidation nach der Klarstellung in § 735 Abs. 2 S. 1 BGB – in Nachbildung von § 145 Abs. 1 und 2 HGB alt – "eine andere Art der Abwicklung" (d.h. eine andere Art der Liquidation der aufgelösten, aber noch fortbestehenden Gesellschaft, sog. atypisches Liquidationsverfahren) vereinbaren – was sich nicht von selbst versteht, "da eine solche Vereinbarung im Außenverhältnis durchaus Gläubigerschutzvorschriften wie zum Beispiel das Recht auf vorrangige Gläubigerbefriedigung nach § 736d Abs. 4 BGB tangieren kann".
Rz. 385
Die vereinbarte "andere Art der Abwicklung" bedarf grundsätzlich nicht der Zustimmung Dritter (alleinige Dispositionsbefugnis der Gesellschafter), wovon zwei Ausnahmen zu machen sind (vgl. § 735 Abs. 2 S. 2 BGB): Wenn nämlich aufgrund einer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag (vgl. § 729 Abs. 4 BGB) über die gesetzlichen Auflösungsgründe des § 729 Abs. 1 BGB hinaus und entgegen § 723 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 BGB (die für diese Konstellation nur das Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters vorsehen)
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infolge Kündigung eines Privatgläubigers eines Gesellschafters oder |
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infolge Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters (Gesellschafterinsolvenz) |
die Auflösung der Gesellschaft erfolgt.
Rz. 386
Ist aufgrund einer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft durch die Kündigung eines Privatgläubigers eines Gesellschafters oder durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst, bedarf es nach § 735 Abs. 2 S. 2 BGB einer Vereinbarung über eine andere Art der Abwicklung der Zustimmung des Privatgläubigers oder des Insolvenzverwalters (Zustimmungsvorbehalte).
Rz. 387
Ist im Insolvenzverfahren Eigenverwaltung i.S.v. § 270 InsO angeordnet (mit der Folge, dass der Gesellschafter-Schuldner unter Aufsicht des Sachwalters berechtigt ist die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen), tritt gemäß § 735 Abs. 2 S. 3 BGB an die Stelle der Zustimmung des Insolvenzverwalters die Zustimmung des Schuldners.
Rz. 388
§ 735 Abs. 2 S. 2 und S. 3 BGB "[schützen] den pfändenden Gläubiger und die Gesamtheit der Gläubiger davor, dass möglicherweise durch Vereinbarung einer anderen Art der Abwicklung die Entstehung des Anspruchs auf das Liquidationsguthaben verhindert werden könnte, den sie im Wege der Pfändung nach § 726 BGB oder als Teil der Insolvenzmasse erwerben könnten".