Rz. 139
Die Neuregelung des § 711 BGB (Übertragung und Übergang von Gesellschaftsanteilen) – § 711 BGB alt regelte das Widerspruchsrecht – hat folgenden Wortlaut:
(1) Die Übertragung eines Gesellschaftsanteils bedarf der Zustimmung der anderen Gesellschafter. Die Gesellschaft kann eigene Anteile nicht erwerben.
(2) Ist im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass im Fall des Todes eines Gesellschafters die Gesellschaft mit seinem Erben fortgesetzt werden soll, geht der Anteil auf den Erben über. Sind mehrere Erben vorhanden, fällt der Gesellschaftsanteil kraft Gesetzes jedem Erben entsprechend der Erbquote zu. Die Vorschriften über die Erbengemeinschaft finden insoweit keine Anwendung.
Rz. 140
Die Neuregelung des § 711 BGB normiert – nachdem im früher geltenden Recht die Anteilsübertragung nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt war (vgl. aber § 717, § 719 Abs. 1 1. Alt. bzw. § 738 Abs. 1 S. 1 BGB alt) – "in Abgrenzung zur eingeschränkten Übertragbarkeit von Rechten aus dem Gesellschaftsanteil (vgl. § 711a BGB) die Übertragbarkeit des Gesellschaftsanteils als solchen" infolge der Abkehr vom alten Gesamthandskonzept.
Rz. 141
Anteil ist die gesamte (und nicht in Teile aufspaltbare) Mitgliedschaft eines Gesellschafters, wobei die Übertragung eines Teils des gesamten Gesellschaftsanteils (Teilübertragung) statthaft ist.
Dabei erfolgt gesetzestechnisch eine Differenzierung zwischen
▪ |
der Übertragung unter Lebenden in Abs. 1 und |
▪ |
einem Übergang von Todes wegen in Abs. 2. |
Grundsätzlich ist der Anteil an einer Personengesellschaft aufgrund des gemeinschaftsrechtlichen Charakters des Zusammenschlusses ihrer Mitglieder im Unterschied zum Kapitalgesellschaftsrecht aber nicht frei übertragbar.
Beachte:
Losgelöst von § 711 Abs. 1 BGB (gesetzlich geregelter Fall des Anteilübergangs) kann ein Gesellschafterwechsel aber auch weiterhin "durch einen mit dem bisherigen Gesellschafter vereinbarten Aus- und mit dem neuen Gesellschafter vereinbarten Eintritt erfolgen" – bzw. es ist (unter Wahrung der Gesellschafteridentität) eine Auswechslung aller Gesellschafter im Wege der Anteilsübertragung möglich.
a) Übertragung des Gesellschaftsanteils unter Lebenden
aa) Zustimmungserfordernis
Rz. 142
Auch bei der GbR ist der Anteil des Gesellschafters als "Inbegriff der mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten" zu verstehen.
Die Übertragung eines Gesellschaftsanteils bedarf nach § 711 Abs. 1 S. 1 BGB der Zustimmung der anderen Gesellschafter (Notwendigkeit einer Zustimmung der übrigen Gesellschafter zum Verfügungsgeschäft zwischen Veräußerer und Erwerber).
Die erforderliche Zustimmung kann bereits im Gesellschaftsvertrag antizipiert vereinbart – oder ad hoc erklärt – werden, als Einwilligung (§ 185 Abs. 1 BGB) bzw. Genehmigung (§ 185 Abs. 2 BGB). Für die Beschlussfassung (Zustimmung der anderen Gesellschafter) kann im Gesellschaftsvertrag eine (einfache) Mehrheitsklausel vereinbart werden.
Rz. 143
Die Anteilsübertragung selbst bedarf als Verfügungsgeschäft i.S.v. § 413 BGB (Rechteübertragung) keiner besonderen Form. Auch das zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft – i.d.R. ein Rechtskauf (§ 453 BGB) – ist formfrei und zwar grundsätzlich selbst dann, wenn "zum Gesellschaftsvermögen Gegenstände gehören, bei denen die Übertragung oder die hierauf gerichtete Verpflichtung, wie bei Grundstücken (§ 311b Abs. 1 S. 1, § 925 BGB [oder GmbH-Anteile, vgl. § 15 Abs. 4 GmbHG]), für sich genommen formbedürftig ist". Dies liegt darin begründet, dass Gegenstand der Übertragung des Gesellschaftsanteils "nicht eine Beteiligung des veräußernden Gesellschafters an einzelnen Gegenständen des Gesellschaftsvermögens [ist], sondern der Gesellschaftsanteil als solcher".
Rz. 144
Durch die Übertragung des Gesellschaftsanteils (mit korrespondierender Gesellschafterstellung des übertragenden Gesellschafters) "tritt der Erwerber in die Rechtsbeziehungen des Altgesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis zu der Gesellschaft und zu den übrigen Gesellschaftern ein".