Rz. 373
Die Neuregelung des § 734 BGB über die Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft (wohingegen § 734 BGB alt die Verteilung des Überschusses geregelt hatte) hat folgenden Wortlaut:
(1) Die Gesellschafter können nach Auflösung der Gesellschaft deren Fortsetzung beschließen, sobald der Auflösungsgrund beseitigt ist.
(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, muss der Beschluss über die Fortsetzung der Gesellschaft mit einer Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen gefasst werden.
(3) War die Gesellschaft vor ihrer Auflösung im Gesellschaftsregister eingetragen, ist die Fortsetzung von sämtlichen Gesellschaftern zur Eintragung in das Gesellschaftsregister anzumelden.
Rz. 374
Die nicht abschließende Regelung des § 734 BGB trifft Vorgaben über die Fortsetzung einer (nach § 729 BGB) aufgelösten Gesellschaft. An der Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft kann ein Interesse bestehen, "um die in der Gesellschaft gebundenen Vermögenswerte zu erhalten". Die Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft hat Folgendes zur Voraussetzung:
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fortsetzungsfähige GbR (als Selbstverständlichkeit ohne explizite Regelung im Gesetz), |
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Beseitigung des Auflösungsgrundes und |
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Fortsetzungsbeschluss der Gesellschafter. |
1. Voraussetzungen einer Fortsetzung
Rz. 375
Die Gesellschafter können gemäß § 734 Abs. 1 BGB nach einer Auflösung der Gesellschaft – wenn noch keine Vollbeendigung erfolgt ist – deren Fortsetzung beschließen, sobald der Auflösungsgrund beseitigt ist.
a) Beseitigung des Auflösungsgrundes
Rz. 376
Die Beseitigung des Auflösungsgrundes gewinnt Bedeutung, wenn ein bloßer Fortsetzungswille der Gesellschafter – der etwa im Fall einer Auflösung durch Zeitablauf (§ 729 Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder Auflösungsbeschluss (§ 729 Abs. 1 Nr. 4 BGB) genügt – den Auflösungsgrund nicht behebt, etwa in den Fällen, dass der Gesellschaftszweck erreicht oder unmöglich wird (§ 729 Abs. 2 BGB). Hier bedarf es dann der Vereinbarung eines neuen Zwecks. Im Fall, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet worden ist (§ 729 Abs. 1 Nr. 2 BGB), muss bspw. das Insolvenzverfahren eingestellt (§ 213 InsO) oder aufgehoben (§§ 217 ff. InsO) werden. Für den Fall, dass die Gesellschaft aus "wichtigem Grund" gekündigt wird (§ 729 Abs. 1 Nr. 3 BGB), "muss der Grund, der eine Fortsetzung der Gesellschaft unzumutbar macht, behoben sein".
b) Beschluss der Gesellschafter
Rz. 377
Der Beschluss der Gesellschafter über die Fortsetzung der Gesellschaft "kann auch stillschweigend durch einvernehmliche Geschäftsfortführung gefasst sein", was durch Auslegung zu ermitteln ist.
2. Spezifische Mehrheitserfordernisse für einen Fortsetzungsbeschluss der Gesellschafter
Rz. 378
Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden (d.h. lässt der Gesellschaftsvertrag Mehrheitsbeschlüsse zu), muss der Beschluss über die Fortsetzung der Gesellschaft – der eine Rückumwandlung des Gesellschaftszwecks von der abzuwickelnden zur werbenden Gesellschaft darstellt (und damit wie ein Auflösungsbeschluss eine Vertragsänderung begründet) nach § 734 Abs. 2 BGB als besondere Vorkehrung zum Schutz der Gesellschafter (da die Fortsetzung der Gesellschaft den schon entstandenen Anspruch auf das anteilige Liquidationsguthaben nachträglich wieder entfallen lässt) – mit einer Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Nach Noack soll ein ad hoc-Beschluss auf der Grundlage einer allgemeinen Mehrheitsklausel mit Dreiviertelmehrheit ausreichen.
Beachte:
Wenn sich im Einzelfall die Fortsetzung der Gesellschaft für einen Gesellschafter als unzumutbar erweist, kommt bereits eine Kündigung der Mitgliedschaft nach § 725 Abs. 2 BGB in Betracht.
3. Pflicht sämtlicher Gesellschafter zur Eintragung der Fortsetzung der Gesellschaft ins Gesellschaftsregister
Rz. 379
War die Gesellschaft vor ihrer Auflösung im Gesellschaftsregister eingetragen (eingetragene GbR), ist die Fortsetzung nach § 734 Abs. 3 BGB von sämtlichen Gesellschaftern zur Eintragung in das Gesellschaftsregister anzumelden (Anmeldepflicht). Diese Verpflichtung zielt darauf ab, "die Rückumwandlung in eine werbende Gesellschaft unter Löschung des Auflösungsvermerks offenkundig zu machen". Die Eintragung hat nur deklaratorische Wirkung, womit sie "für den Fortsetzungszeitpunkt (…) ohne Belang [ist]".