Keine Fortsetzung einer GmbH nach Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Hintergrund
Dem Beschluss des BGH liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Eine GmbH stellte einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Das Insolvenzgericht wies den Antrag mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse zurück; der Beschluss wurde rechtskräftig. Die Auflösung der GmbH wurde im April 2007 in das Handelsregister eingetragen.
Am 29. Mai 2020 beschlossen die Gesellschafter die Sitzverlegung, die Änderung des Unternehmensgegenstands und die Fortsetzung der GmbH. Bei der Anmeldung versicherte der Liquidator, dass kein Insolvenzgrund mehr bestehe, insbesondere, dass die Verbindlichkeiten das Gesellschaftsvermögen nicht übersteigen. Er überwies der GmbH zudem einen Betrag in Höhe von 25.000 EUR mit dem Verwendungszweck „Einzahlung Stammkapital“.
Das Amtsgericht hat den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen beim OLG Frankfurt a.M. erhobene Beschwerde blieb ohne Erfolg.
Der Beschluss des BGH vom 25. Januar 2022 (Az. II ZB 8/21)
Die weitere Rechtsbeschwerde zum BGH hatte keinen Erfolg. Wird ein Antrag über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse rechtskräftig abgelehnt, wird die GmbH durch den Beschluss aufgelöst (§ 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG). Der BGH verneinte in diesem Fall die Möglichkeit, die Gesellschaft durch Beschluss fortsetzen zu können, auch wenn kein Insolvenzgrund mehr bestehe und eine wirtschaftliche Neugründung vorliege.
Der Gesetzgeber habe in § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG keine Möglichkeit vorgesehen, die Gesellschaft fortzusetzen. Es sei kein Grund ersichtlich, diese nicht vorgesehene Möglichkeit durch schlichten Fortsetzungsbeschluss zu eröffnen. Dagegen spreche schon, dass keine gesetzliche Prüfung stattfindet, ob die Insolvenzreife überwunden ist. § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG diene dem Gläubigerschutz und bezwecke, eine Gesellschaft sofort von der Teilnahme am Rechtsverkehr auszuschließen, wenn sie nicht einmal über ein Vermögen verfügt, das zur Deckung der Kosten eines Insolvenzverfahrens ausreicht. Die Gesellschafter hätten vielmehr durch rechtzeitige Zuführung von Mitteln zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens dafür sorgen können, dass das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Dann hätte die GmbH die Möglichkeit gehabt, die Einstellung des Insolvenzverfahrens zu beantragen, wenn die Insolvenzgründe beseitigt sind.
Praxishinweis:
Die Entscheidung des BGH ist richtig. Das Gesetz sieht in § 60 Abs. 1 GmbHG Fälle vor, in denen die GmbH aufgelöst wird. Mit Auflösung tritt diese in das Abwicklungsstadium ein. Dies kann die Liquidation, aber auch die Insolvenz sein. Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt, steht fest, dass die GmbH nicht einmal das Vermögen besitzt, um die Kosten des Verfahrens zu decken. In diesem Zustand kann der Geschäftsführer das restliche Vermögen verwenden, um die Gläubiger teilweise zu befriedigen. Anschließend muss die Gesellschaft aus dem Handelsregister gelöscht werden.
Die in § 60 Abs. 1 GmbHG aufgeführten Fälle eröffnen eine Fortsetzung der GmbH nur in bestimmten Fällen. Endet die GmbH beispielsweise durch Ablauf der im Gesellschaftsvertrag bestimmten Zeit, können die Gesellschafter den Gesellschaftsvertrag ändern. Beschließen die Gesellschafter die Liquidation, können sie durch einen Fortsetzungsbeschluss davon wieder Abstand nehmen. In § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbH ist die Fortsetzung sogar ausdrücklich geregelt: Wird das Verfahren auf Antrag des Schuldners eingestellt oder nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsieht, aufgehoben, können die Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen. In § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbH fehlt diese Möglichkeit jedoch. Es besteht schon von Gesetzes wegen keine Möglichkeit, die GmbH fortzusetzen.
Dies ist für die Gläubiger ärgerlich, denn in eine nahezu vermögenslose Gesellschaft, welche noch dazu nicht fortgesetzt werden kann, wird kein Gesellschafter Geld nachschießen, sodass mit Eintritt der Vermögenslosigkeit die nicht befriedigten Gläubiger mit ihren Forderungen ausfallen. Insofern ist es wünschenswert, eine GmbH auch nach Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse fortsetzen zu können. Allerdings gibt das Gesetz diese Möglichkeit nicht her.
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.172
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.7342
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.635
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.613
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.471
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
1.400
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.368
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.305
-
Verdacht der Befangenheit auf Grund des Verhaltens des Richters
1.136
-
Formwirksamkeit von Dokumenten mit eingescannter Unterschrift
1.0461
-
Risiko der Betriebsstättenbegründung durch mobiles Arbeiten im Ausland
18.11.2024
-
Handelsregistervollmachten – Anforderungen und Umgang bei Rückfragen des Handelsregisters
12.11.2024
-
Datenschutzbehörden müssen nicht zwingend Sanktionen verhängen
07.11.2024
-
Typisch stille Beteiligung an Kapitalgesellschaften – Unterschiede zwischen GmbH und AG
06.11.2024
-
Bundesnetzagentur wird nationale Marktüberwachungsbehörde bei der KI-Aufsicht
05.11.2024
-
Neue Bundesverordnung zur „Cookie-Einwilligung“
31.10.2024
-
Zahl der Datenschutz-Bußgeldverfahren steigt
24.10.2024
-
Untersuchungs- und Rügeobliegenheit im B2B-Bereich
23.10.2024
-
Fernmeldegeheimnis gilt nicht für private E-Mails und Telefonate am Arbeitsplatz
17.10.2024
-
Wirecard: Geschädigte Aktionäre sind keine nachrangigen Gläubiger!
16.10.2024