Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 49
Nach dem eindeutigen Wortlaut der Nr. 1008 VV RVG erhöhen sich bei mehreren Auftraggebern nur die Verfahrensgebühr oder die Geschäftsgebühr, also die so genannten Betriebsgebühren. Andere Gebühren als die Betriebsgebühren werden nicht erhöht.
Als Betriebsgebühren bezeichnet man übrigens Gebühren, die der RA für das "Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information" des RA durch den Mandanten erhält (vgl. Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 VV RVG, Vorbemerkung 3 Abs. 2 VV RVG und Vorbemerkung 4 Abs. 2 VV RVG). Wenn der RA für die Durchführung eines Auftrages zusätzlich noch andere Gebühren erhält, so erwächst ihm doch als erste der Gebühren immer eine Betriebsgebühr schon für seine erste Tätigkeit nach Auftragserteilung (vgl. Nr. 3100 VV RVG).
Es werden demnach alle Gebühren erhöht, die sich Verfahrensgebühr oder Geschäftsgebühr nennen, also z. B. die folgenden Gebühren:
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Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG); hier erhöht sich auch die Kappungsgrenze von 1,3 entsprechend gemäß der Anmerkung Abs. 4 zu Nr. 1008 VV RVG |
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Geschäftsgebühr für ein einfaches Schreiben (Nr. 2301 VV RVG) |
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Geschäftsgebühr bei Beratungshilfe (Nr. 2503 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr in erster Instanz (Nr. 3100 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr in erster Instanz bei vorzeitiger Erledigung (Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG) |
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Differenz-Verfahrensgebühr in erster Instanz (Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr in zweiter Instanz (Nr. 3200 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr in zweiter Instanz bei vorzeitiger Erledigung (Nr. 3201 Anm. Nr. 1 VV RVG) |
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Differenz-Verfahrensgebühr in zweiter Instanz (Nr. 3201 Anm. Nr. 2 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr in dritter Instanz (Nr. 3206 RVG) |
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Verfahrensgebühr in dritter Instanz bei vorzeitiger Erledigung (Nr. 3207 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr im Mahnverfahren (Nr. 3305 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr im Mahnverfahren bei vorzeitiger Erledigung (Nr. 3306 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr im Mahnverfahren für die Einlegung des Widerspruchs (Nr. 3307 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr in der Zwangsvollstreckung (Nr. 3309 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr des Verkehrsanwalts (Nr. 3400 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr des Terminsvertreters (Nr. 3401 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr für sonstige Einzeltätigkeiten (Nr. 3403 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr für Verfahren über die Beschwerde oder Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss (Nr. 3500 VV RVG) |
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Verfahrensgebühr in Strafsachen, aber nur bei Vertretung von Privat- oder Nebenklägern (Vorbemerkung 4 Abs. 1 VV RVG; z. B. Nrn. 4104, 4106, 4112, 4118, 4124, 4130, 4143, 4300, 4301 VV RVG) |
Rz. 50
Keine Betriebsgebühr ist die Beratungsgebühr (Ratgebühr, § 34 RVG), da der RA, um diese Gebühr zu verdienen, nur berät und kein Verfahren betreibt. Der RA hat aber bei der Beratungsgebühr einen Ermessensspielraum, um eine angemessene Vergütung für die Mehrarbeit und Mehrverantwortung für mehrere Auftraggeber zu ermöglichen. Auch die Beratungshilfegebühr (Nr. 2500 VV RVG) ist keine Betriebsgebühr, sodass es hier auch bei mehreren Auftraggebern bei der Festgebühr ohne eine Erhöhung verbleibt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.02.2018 – 20 W 166/17).
Merke:
Eine Erhöhung der Ausgangsgebühr um 0,3 für jeden weiteren Auftraggeber gibt es nur für die so genannten Betriebsgebühren, also für jede Art der Geschäftsgebühr oder der Verfahrensgebühr. Für andere als die vorgenannten Gebühren (z. B. Terminsgebühr, Einigungsgebühr, Hebegebühr, Ratgebühr, Grundgebühr) gibt es keine Erhöhung.
Die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungsentgelte (Nr. 7002 VV RVG: maximal 20,00 EUR) darf nur einmal gefordert werden, wobei es auf die Anzahl der Auftraggeber nicht ankommt, da es sich nur um eine einzige gebührenrechtliche Angelegenheit handelt.