Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 161
Als Anlage zum RVG enthält das Vergütungsverzeichnis eine Aufzählung sämtlicher Gebührentatbestände, die in sechs Teilen gegliedert sind. In einem siebenten Teil werden die Auslagentatbestände geregelt. Auch in anderen Kostengesetzen werden die Gebühren und Auslagen in einem eigenen Verzeichnis geregelt, so insbesondere im GKG.
Der 1. Teil des Vergütungsverzeichnisses regelt allgemeine Gebühren, die im Zusammenhang mit anderen Gebühren entstehen können, wie z. B. die Einigungsgebühr oder die Hebegebühr. Diese Gebühren sollen in dem unmittelbar nachfolgenden Kapitel erörtert werden.
Der 2. Teil des Vergütungsverzeichnisses enthält die Gebühren für außergerichtliche Anwaltstätigkeiten, die in diesem Buch in einem eigenen Hauptkapitel (siehe § 4) zusammengefasst werden sollen.
Der 3. Teil des Vergütungsverzeichnisses normiert die Gebühren insbesondere für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten. Wesentliche Bestimmungen aus diesem 3. Teil sollen in speziellen Hauptkapiteln für bestimmte Verfahren präsentiert werden, so für das gerichtliche Mahnverfahren (siehe § 6), für den Zivilprozess (siehe § 7) und für die Zwangsvollstreckung (siehe § 8).
Der 4. und 5. Teil des Vergütungsverzeichnisses reguliert die Gebühren, die in Straf- und Bußgeldsachen entstehen können. Sie finden diese Gebühren in § 10.
Der 8. Teil des Vergütungsverzeichnisses wird in diesem Buch nicht behandelt.
Der 9. Teil des Vergütungsverzeichnisses beinhaltet die Vorschriften über die Auslagen. Da diese Vorschriften von allgemeiner Bedeutung neben sämtlichen Gebührenvorschriften sind, werden sie in einem nachfolgenden Kapitel vorgestellt (siehe Rdn 192 ff.).
Rz. 162
Zunächst sollen hier noch Hinweise zur Anwendung des Vergütungsverzeichnisses gegeben werden. In dem nachfolgenden Abdruck aus dem Vergütungsverzeichnis wurden deshalb drei Stellen besonders hervorgehoben:
(1) |
Zu Beginn jedes Teils, Abschnitts oder Unterabschnitts des Vergütungsverzeichnisses finden sich Vorbemerkungen. Diese sind besonders wichtig, da dort die Gebühren definiert werden oder andere bedeutsame Hinweise über das Entstehen der Gebühr gegeben oder auch Anrechnungen bestimmter Gebühren angeordnet werden. Jede Vorbemerkung trägt die Nummer des Teils, Abschnitts oder Unterabschnitts des Vergütungsverzeichnisses, zu dem sie gehört. So gehört z. B. die Vorbemerkung 3.2.2 zu Teil 3, Abschnitt 2, Unterabschnitt 2. → Die Vorbemerkungen müssen Sie zur Kenntnis nehmen. |
(2) |
Diese Zeile nennt nach einer vierstelligen Nummer die Gebühr mit ihrer Bezeichnung und den zugehörigen Gebührensatz, z. B. 1,5 oder 1,3. |
(3) |
Zu den meisten Gebühren erwähnt das Vergütungsverzeichnis Anmerkungen. Diese Anmerkungen sind häufig in Absätze untergliedert und geben wichtige Hinweise auf zusätzliche Gebührentatbestände. So ist z. B. bei der Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG) in der Anmerkung Absatz 1 geregelt, für welche Tätigkeit diese Gebühr nicht entsteht, oder in Absatz 3 wird gesagt, wann in dem häufig vorkommenden Fall der unter einem Widerrufsvorbehalt abgeschlossenen Einigung die Gebühr zur Entstehung gelangt. → Die Anmerkungen zu den Gebühren müssen Sie zur Kenntnis nehmen. |
Rz. 163
Beispiel aus dem Vergütungsverzeichnis zur Erläuterung der Stellen (1), (2) und (3):
Teil 1. Allgemeine Gebühren
Nr. |
Gebührentatbestand |
Gebühr oder Satz der Gebühr nach § 13 RVG |
Vorbemerkung 1: (1) Die Gebühren dieses Teils entstehen neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren. |
1000 |
Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags |
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1. |
durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird …………………………………… |
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1,5 (2) |
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2. |
durch den die Erfüllung des Anspruchs geregelt wird bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf seine gerichtliche Geltendmachung oder, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen (Zahlungsvereinbarung) ………… |
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0,7 (2) |
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(1) Die Gebühr nach Nummer 1 entsteht nicht, wenn der Hauptanspruch anerkannt oder wenn auf ihn verzichtet wird. Im Privatklageverfahren ist Nummer 4147 anzuwenden. |
(3) |
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(2) Die Gebühr entsteht auch für die Mitwirkung bei Vertragsverhandlungen, es sei denn, dass diese für den Abschluss des Vertrags im Sinne des Absatzes 1 nicht ursächlich war. |
(3) |
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(3) … |
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Wenn Sie im Vergütungsverzeichnis nach einer Gebühr suchen, sollten Sie sich also nicht nur mit dem hinter der jeweiligen vierstelligen Nummer stehenden Namen der Gebühr und dem Gebührensatz (2) zufrieden geben, sondern auch die Anmerkungen (3) zu dieser Gebühr lesen sowie die Vorbemerkungen (1) zu dem entsprechenden Teil, Abschnitt oder Unterabschnitt des Vergütungsverzeichnisses. Außerdem sollten Sie auch noch die jeweils nachfolgenden Nummern darauf überprüfen, ob dort zu Ihrer gefundenen Gebühr nicht noch besondere Regelungen vorgesehen sind. So dürfen Sie z. B. die Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG) nicht in Scheidungssachen anwenden, sondern hierfür ist die Nr. 1001 VV RVG (Aussöhnungsgebühr) vorgesehen....