Rz. 48
Übernimmt ein Prozessfinanzierer das Kostenrisiko, so trägt er dieses Risiko zu 100 %. Die Kostenübernahme gilt jedoch erst ab Abschluss des Finanzierungsvertrages. Geht es um die Beteiligung eines Prozessfinanzierers, so sind verschiedene Aspekte auf Seiten des beratenden Anwaltes zu beachten.
1. Das "Risiko" der Nichtfinanzierung
Rz. 49
Prozessfinanzierer sind potenzielle Investoren, die eine Finanzierung nur übernehmen bei positiver Beurteilung der Erfolgsaussichten und der Wirtschaftlichkeit. Es ist von dem aktuellen Erfahrungssatz auszugehen, dass bei weitem nicht jede angebotene Finanzierung übernommen wird.
2. Potenzielle Vor- und Nachteile für den Mandanten
Rz. 50
Als möglicher Nachteil für den Mandanten ist nicht zu übersehen, und hierüber ist der Mandant zu belehren, dass bei Anbahnung einer Prozessfinanzierung der Prozessfinanzierer die Kosten erst ab Abschluss des Finanzierungsvertrages trägt. Die Kosten der Fallaufbereitung und eines Klageentwurfes hat der Anspruchsinhaber selbst zu tragen. Nach bisherigem Stand der Rechtsprechung werden Kosten im Zusammenhang mit der Prozessfinanzierung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht festgesetzt. Diesen Nachteil will Eversberg mit dem Argument relativieren, dass bei Prüfung der Erfolgsaussicht durch den Finanzierer eine "wertvolle Zweitmeinung" geboten wird, die quasi eine entscheidende Hilfe sein kann bei der Entscheidung über das prozessuale Vorgehen.
Rz. 51
Im Übrigen erscheint es angezeigt, bei der Antragung eines Falles zur Prozessfinanzierung zu unterscheiden zwischen den Fällen, die ohne weitere Prüfung abgelehnt werden, und solchen Fällen, in denen die Erfolgsaussicht geprüft wird, ggf. in Verbindung mit weiterer Korrespondenz mit dem beteiligten Anwalt. In einem solchen Fall erscheint es vertretbar, dem kooperierenden Anwalt für diese Tätigkeit eine angemessene Vergütung zu gewähren. Dies erscheint auch angemessen unter dem Aspekt, dass hierdurch geeignete Vorgänge zur Finanzierung angeboten werden. Dies wäre quasi "Investition in eine Geschäftschance".
Rz. 52
Für Unternehmen ist die Prozessfinanzierung neben der "Liquiditätsschulung" auch ein Mittel zur Vermeidung von Rückstellungen und Wertberichtigungen auf die eingeklagte Forderung.
3. Vor- und Nachteile für den Anwalt
Rz. 53
Für den Anwalt ist die Anbahnung einer Prozessfinanzierung in der Regel mit Mehrarbeit verbunden, andererseits aber auch verbunden mit der Chance, bei Prüfung durch den Prozessfinanzierer wertvolle Hilfe bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht zu erhalten. Zumindest die Prozessfinanzierer, deren Träger Versicherungsunternehmen sind, haben die Möglichkeit, gutachtliche Prüfungen zu veranlassen, etwa zu medizinischen oder zu technischen Fragen. Wichtig für den Anwalt ist bei einem Mandat zur Durchsetzung von Ansprüchen, bei Finanzierungsproblemen die Möglichkeit der Prozessfinanzierung zu erkennen und den Mandanten entsprechend zu beraten.