Rz. 117
Die Grundlage der anwaltlichen Vergütung bildet zunächst das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz selbst. Durch das RVG wird die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts abgegolten. Insoweit formuliert § 1 Abs. 1 S. 1 RVG, dass die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sich nach diesem Gesetz bemisst.
I. Die Pauschgebühr
Rz. 118
Der Abgeltungsbereich dieser Gebühren ergibt sich aus § 15 RVG. Nach § 15 Abs. 1 RVG entgelten die Gebühren die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit, soweit das RVG nichts anderes bestimmt. Durch § 15 Abs. 1 RVG wird der Grundsatz der Pauschgebühr statuiert.
Rz. 119
Die Pauschgebühr bedeutet, dass die dem Rechtsanwalt für seine Tätigkeit zustehende Vergütung der Höhe nach durch das RVG in Verbindung mit dem Vergütungsverzeichnis (VV) gesetzlich in Gebührentatbeständen geregelt wird, die entweder bestimmte gleichartige Tätigkeiten des Rechtsanwalts zur Erfüllung eines Auftrags zu Gruppen zusammenschließen oder einen durch den Anwalt zumindest mit verursachten Erfolg beschreiben. Mit anderen Worten kann der Rechtsanwalt nicht für jede seiner Tätigkeiten im Einzelfall, z.B. das Verfassen eines Mandatsschreibens oder die Wahrnehmung eines Mandatstermins, eine Vergütung fordern. Insoweit wird der individuelle Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts durch das RVG nicht abgegolten. Vielmehr werden die einzelnen Tätigkeiten des Rechtsanwalts nach dem RVG zu Tätigkeitsgruppen zusammengefasst mit der Folge, dass der Rechtsanwalt in Form eines solchen Pauschquantum die Gebühren z.B. die Verfahrens- oder Terminsgebühr lediglich einmal abrechnen darf. § 15 RVG regelt hierbei nur den Abgeltungsbereich in zeitlicher Hinsicht (vom Auftrag bis zur Erledigung), wohingegen sich die Höhe der einzelnen Gebühren aus den jeweiligen Gebührentatbeständen ergibt (vgl. §§ 3 und 4 in diesem Buch).
II. Einmaligkeit der Gebührenforderung
Rz. 120
§ 15 Abs. 2 RVG konkretisiert den zeitlichen Abgeltungsbereich dahingehend, dass der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann. Für die Abrechnung der gesetzlichen Gebühren nach dem RVG ist für den Rechtsanwalt daher im Einzelfall entscheidend, in welchen Fällen dieselbe Angelegenheit vorliegt.
1. Dieselbe Angelegenheit
Rz. 121
Was unter dem Begriff derselben Angelegenheit zu verstehen ist, wird im RVG nicht legaldefiniert, obwohl der Begriff auch in den §§ 16–18 RVG verwendet wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt sich die Frage, ob der Rechtsanwalt in einer gebührenrechtlichen Angelegenheit oder in mehreren tätig geworden ist, nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände beantworten, wobei der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend ist. Der Bundesgerichtshof beschreibt den Begriff der gebührenrechtlichen Angelegenheit in seinen Entscheidungen im Weiteren wie folgt:
Zitat
"Die Angelegenheit bedeutet den Rahmen, innerhalb dessen sich die anwaltliche Tätigkeit abspielt, wobei im Allgemeinen der dem Anwalt erteilte Auftrag entscheidet."
"Weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann."
Rz. 122
Insoweit kann der Begriff der gebührenrechtlichen Angelegenheit durch die folgenden Kriterien bestimmt werden, die kumulativ vorliegen müssen:
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Der Tätigkeit des Rechtsanwalts muss ein einheitlicher Auftrag zugrunde liegen, |
▪ |
wobei sich diese bei der Verfolgung mehrerer Ansprüche im gleichen Rahmen halten und |
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zwischen den einzelnen Handlungen und/oder Gegenständen ein innerer Zusammenhang bestehen muss bzw. diese in ihrer Zielsetzung übereinstimmen müssen. |
2. Der einheitliche Auftrag
Rz. 123
Zunächst muss daher ein einheitlicher Auftrag der anwaltlichen Tätigkeit zugrunde liegen. Ein einheitlicher Auftrag liegt grundsätzlich vor, wenn der Rechtsanwalt von dem Mandanten mit der Interessenwahrnehmung für einen ganz konkreten Sachverhalt beauftragt wird, der ein einheitliches Rechtsverhältnis betrifft. Die Beurteilung der anwaltlichen Tätigkeit als einheitlicher Auftrag wird auch nicht dadurch gestört, dass der Rechtsanwalt von dem Mandanten zu verschiedenen Zeitpunkten mit mehreren Teilaufträgen beauftragt wird, solange Einigkeit darüber besteht, dass die erteilten Aufträge gemeinsam behandelt werden sollen und sie keine (sukzessive) Er...