Rz. 47
Konnte der erbrechtliche Mandant den Vertrag wegen eines gesetzlichen Widerrufsrechts bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen widerrufen, sind die empfangenen Leistungen nach § 357 Abs. 1 BGB spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.
Für den Rechtsanwalt stellt sich bei einem ausgeübten Widerruf die Frage, ob er für die bis dahin erbrachten Tätigkeiten eine Vergütung in der Form von Wertersatz erlangen kann. Häufig ist der Rechtsanwalt dazu gezwungen, sofort nach Vertragsschluss tätig zu werden, da beispielsweise der Fristablauf einer von der gegnerischen Partei festgesetzten Frist droht.
Nach § 357 Abs. 8 S. 1 BGB gilt:
Zitat
Widerruft der Verbraucher einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom in nicht bestimmten Mengen oder nicht begrenztem Volumen oder über die Lieferung von Fernwärme, so schuldet der Verbraucher dem Unternehmer Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Leistung, wenn der Verbraucher von dem Unternehmer ausdrücklich verlangt hat, dass dieser mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt.
Rz. 48
Die Vorschrift ist eine eigenständige Anspruchsgrundlage und regelt die grundsätzlich schuldunabhängige Verpflichtung des Verbrauchers zum Wertersatz abschließend. Der Wertersatzanspruch gilt aber nur, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3 EGBGB ordnungsgemäß informiert hat, § 357 Abs. 8 S. 2 BGB. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen besteht der Anspruch nur, wenn der Verbraucher sein Verlangen auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat, § 357 Abs. 8 S. 3 BGB.
Dem Rechtsanwalt droht daher der vollständige Verlust der Gebühren, wenn er vor dem Ablauf der Widerrufsfrist tätig wird, ohne dass der erbrechtliche Mandant den Rechtsanwalt ausdrücklich zur Erbringung der Leistung aufgefordert hat und der erbrechtliche Mandant den Rechtsanwaltsvertrag oder die Vergütungsvereinbarung widerruft. Der Rechtsanwalt muss den erbrechtlichen Mandanten bei Abschluss des Rechtsanwaltsvertrags bzw. der Vergütungsvereinbarung daher über die Möglichkeit eines Widerrufs belehren und eine Erklärung fordern, die ihn dazu berechtigt, bereits vor dem Ende der Widerrufsfrist für den Mandanten tätig zu werden.
Rz. 49
Hat der Rechtsanwalt den Mandanten hinreichend belehrt und informiert, ist der Berechnung des Wertersatzes nach § 357 Abs. 8 S. 4 BGB der vereinbarte Gesamtpreis zugrunde zu legen. Ist der vereinbarte Gesamtpreis unverhältnismäßig hoch, ist der Wertersatz auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung zu erbringen, § 357 Abs. 8 S. 5 BGB.
Haben der Rechtsanwalt und der erbrechtliche Mandant über eine Beratungsleistung eine Gebührenvereinbarung abgeschlossen, berechnet sich der Wertersatzanspruch auf der Grundlage der Gebührenvereinbarung für die bis zum Widerruf erbrachte Leistung. Bei einem Zeithonorar orientiert sich die Berechnungsweise am bislang erbrachten Zeitaufwand, wohingegen bei einem Pauschalhonorar eine Quotelung des Gesamtbetrags im Hinblick auf die bereits erbrachte Leistung erfolgt. Fehlt es bei einer Beratungsleistung an der Gebührenvereinbarung bestimmt sich die Vergütung im Rahmen der außergerichtlichen Beratung nach § 34 Abs. 1 S. 2 RVG, wodurch die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB bzw. § 632 Abs. 2 BGB maßgeblich ist. Bei einer gerichtlichen Vertretung, bei der eine Vergütungsvereinbarung nach § 3a RVG abgeschlossen wurde, berechnet sich der Wertersatzanspruch entsprechend auf der Grundlage der Gebührenvereinbarung. Bei dem Fehlen einer Gebührenvereinbarung wird die Vergütung taxmäßig durch das RVG bestimmt.
Praxistipp
Der Rechtsanwalt für Erbrecht muss bei dem Abschluss des Rechtsanwaltsvertrags bzw. bei der Gebührenvereinbarung grundsätzlich das gesetzliche Widerrufsrecht im Auge behalten, sofern die Vereinbarung außerhalb der eigenen Geschäftsräume oder im Fernabsatz abgeschlossen wird. Zusätzlich dazu ist eine entsprechende Erklärung des Verbrauchers dafür, dass der Rechtsanwalt vor Ablauf der Widerrufsfrist tätig werden darf, zwingend notwendig. Der Rechtsanwalt läuft sonst Gefahr seinen Vergütungsanspruch in Form eines Wertersatzanspruchs nach dem ausgeübten Widerruf vollständig zu verlieren.
Rz. 50
Muster 2.1: Widerrufsbelehrung bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen
Muster 2.1: Widerrufsbelehrung bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen
Widerrufsbelehrung
Sie als Verbraucher haben bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen das Recht, binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen. Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,
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