Rz. 343

Nach Otto/Klüsener/Killmann wird man in ca. 90 % der Fälle bei der Bewertung von 3.000 EUR ausgehen können.[320] Das OLG Celle[321] hat in seiner Entscheidung vom 11.2.2011 ausgeführt, dass die Anhebung des Verfahrenswerts regelmäßig angezeigt erscheint, wenn in einem Sorgerechtsverfahren die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens geboten ist und das Amtsgericht die Beteiligten – unabhängig von einer gesonderten Kindesanhörung – in mehr als einem Termin anhört. Daneben kann nach Ansicht des KG[322] eine Abweichung vom Regelwert in Betracht kommen, wenn der zu entscheidende Fall von einer durchschnittlichen Konstellation wesentlich abweicht; beispielsweise, weil der Arbeitsaufwand des Familiengerichts aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles das in durchschnittlichen Umgangsfällen übliche Maß deutlich übersteigt, etwa, weil sich die Sachverhaltsaufklärung besonders (arbeits- oder zeit-) aufwändig gestaltet. Das Kammergericht hat dies am 4.6.2014 weiter konkretisiert:

Zitat

"Eine Abweichung vom Regelwert kommt in Betracht, wenn der zu entscheidende Fall von einer durchschnittlichen Konstellation wesentlich abweicht; beispielsweise, weil der Arbeitsaufwand des FamG aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls das in durchschnittlichen Kindesgefährdungssachen übliche Maß deutlich übersteigt, etwa, weil sich die Sachverhaltsaufklärung besonders (arbeits- oder zeit-)aufwändig gestaltet, oder weil ein umfangreiches Sachverständigengutachten einzuholen und mehrere Anhörungstermine erforderlich sind."[323]

 

Rz. 344

Zwei mündliche Verhandlungen, die Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie die "Anzahl der für erforderlich gehaltenen Besprechungen mit der Antragstellerin" rechtfertigen nach Ansicht des OLG Saarbrücken keine Erhöhung des Regelwerts, da zum einen das Gutachten in einem Parallelverfahren beauftragt worden ist und zum anderen die Verhandlungen ebenfalls nicht nur im streitgegenständlichen Verfahren erfolgt sind.[324]

 

Rz. 345

Bei der Bewertung ist daher zu fragen:

Wurden umfangreiche Besprechungen (telefonisch, persönlich) mit dem Mandanten, der Gegenseite oder anderen Verfahrensbeteiligten geführt?
Musste ein Gutachten, ggf. ein Ergänzungsgutachten eingeholt werden?
Wurde ein Verfahrenspfleger bestellt?
Erfolgten Anhörungen des Sachverständigen, der Kinder, der Sachbearbeiter des Jugendamtes oder von Zeugen?
Wurden zahlreiche, ggf. umfangreiche Schriftsätze gewechselt?
War die Angelegenheit für den Auftraggeber von besonders hoher Bedeutung?
Musste für ein Kind gesondert umfangreich vorgetragen werden?
 

Rz. 346

 

Praxistipp

Nur wenn dem Gericht der Umfang und die Bedeutung der Angelegenheit dargelegt werden, kann eine Berücksichtigung erfolgen. Es bietet sich an, insbesondere alle geführten Telefonate mit Datum, Uhrzeit, Dauer und Inhalt des Gesprächs in der Akte zu dokumentieren und dem Gericht vorzulegen.

 

Rz. 347

Bei Verfahren auf Herausgabe des Kindes ist bei der Wertbemessung auch zu berücksichtigen, dass diese Verfahren oft mit hoher Emotionalität geführt werden, die Verfahren daher in tatsächlicher Hinsicht eine hohe Schwierigkeit aufweisen und die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber meist deutlich über dem Durchschnitt liegt.

 

Rz. 348

Das OLG Köln hatte die Auffassung vertreten, dass schon die Tatsache der streitigen Durchführung des Verfahrens eine Anhebung über den Regelverfahrenswert hinaus rechtfertige.[325] Das OLG München und OLG Karlsruhe vertreten allerdings die Auffassung, dass die streitige Verfahrensdurchführung in derartigen Angelegenheiten der Normalfall ist.[326]

[320] Otto/Klüsener/Killmann, Die FGG-Reform: Das neue Kostenrecht, S. 94/95.
[322] KG, Beschl. v. 25.9.2012 – 17 WF 268/12 = BeckRS 2013, 01484.
[324] OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.11.2011 – 9 WF 127/11 = BeckRS 2011, 27592 = FuR 2013, 342.
[325] OLG Köln FamRZ 2006, 1219.

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