Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen für eine Heraufsetzung des Verfahrenswertes in Kindschaftssachen über den Regelwert von 3.000 EUR hinaus.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Pankow/Weißensee (Beschluss vom 13.08.2012; Aktenzeichen 201 F 4556/12)

 

Tenor

Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Mutter gegen die Verfahrenswertfestsetzung im Beschluss des AG Pankow/Weißensee vom 13.8.2012 - 201 F 4556/12 - wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

1. Die im eigenen Namen eingelegte Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Mutter gegen die Verfahrenswertfestsetzung, mit der eine Heraufsetzung des festgesetzten Verfahrenswertes für die Regelung des Umgangs von 3.000 EUR auf 6.000 EUR begehrt wird, ist zulässig (§§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, 59 Abs. 1 FamGKG). Der Rechtsbehelf wurde rechtzeitig angebracht (§§ 59 Abs. 1 Satz 3, 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG) und auch der Beschwerdewert ist, ausgehend von dem vom Beschwerdeführer begehrten Wert, überschritten (§ 59 Abs. 1 Satz 1 FamFG).

2. In der Sache bleibt die Wertbeschwerde indessen ohne Erfolg; der Verfahrenswert wurde zu Recht mit 3.000 EUR angesetzt:

a) Der Verfahrenswert in einer Kindschaftssache zur Regelung des Umgang beträgt grundsätzlich 3.000 EUR. Eine Herauf- oder Herabsetzung des Wertes kommt nur in Betracht, wenn ein Wert von 3.000 EUR aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles unbillig ist (§ 45 Abs. 3 FamGKG). Das ist, möglicherweise entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, nicht schon deshalb der Fall, weil zwei Kinder vom Verfahren betroffen waren (§ 45 Abs. 2 FamGKG).

b) Eine Abweichung vom Regelwert kann vielmehr in Betracht kommen, wenn der zu entscheidende Fall von einer durchschnittlichen Konstellation wesentlich abweicht; beispielsweise, weil der Arbeitsaufwand des Familiengerichts aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles das in durchschnittlichen Umgangsfällen übliche Maß deutlich übersteigt, etwa, weil sich die Sachverhaltsaufklärung besonders (arbeits- oder zeit-) aufwendig gestaltet (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen/von Swieykowski-Tzaska [2. Aufl. 2010], § 2 Rz. 286); weil ein umfangreiches Sachverständigengutachten einzuholen und mehrere Anhörungstermine erforderlich sind (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 19.9.2011 - 6 WF 307/11 -, FuR 2011, 72 [bei juris Rz. 3]; OLG Celle, Beschl. v. 11.2.2011 - 10 WF 399/10 -, NJW 2011, 1373 [bei juris Rz. 8]); weil das Verfahren aufgrund eines außergewöhnlichen Konfliktpotentials der Beteiligten für das Familiengericht nur mit einem deutlichen Mehraufwand an Zeit-, Arbeits- und Ressourceneinsatz bewältigt werden kann oder weil das Verfahren mehrere Kinder betrifft, deren persönlichen Verhältnisse sich erheblich voneinander unterscheiden weil etwa die Kinder auf unterschiedliche Pflegestellen bzw. Heime verteilt sind (vgl. Schulte-Bunert/Weinreich [Keske], FamFG [3. Aufl. 2012], § 45 FamGKG Rz. 7) und auch keine anderweitigen Gesichtspunkte vorhanden sind, die dazu beitragen können, eine ansonsten gebotene Heraufsetzung des Wertes wieder zu relativieren wie beispielsweise, dass die Akte gleichwohl insgesamt einen eher geringen Umfang aufweist (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 27.4.2012 - 2 WF 64/12 -, RVG Report 2012, 313 [bei juris Rz. 6]: Aktenumfang von 168 Blatt, Einholung eines Sachverständigengutachtens und Durchführung von zwei Anhörungsterminen rechtfertigt nicht stets eine Anhebung des Regelwertes) oder die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beteiligten Zurückhaltung gebieten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.3.2011 - 5 WF 6/11 -, RVG Report 2011, 347 [bei juris Rz. 5]; KG, Beschl. v. 10.1.2011 - 17 UF 225/10 -, FamRZ 2011, 825 [bei juris Rz. 8] sowie Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis [4. Aufl. 2011], § 10 Rz. 25; Horndasch/Viefhues-Sinouh, FamFG [2. Aufl. 2011], Teil 3: Gerichtskosten Rz. 836) oder schließlich, weil die Sache aus sonstigen Gründen nur geringe Bedeutung hat.

c) An diesen Maßstäben gemessen, kommt eine Heraufsetzung des Verfahrenswertes offensichtlich nicht in Betracht: Die Akte besteht - einschließlich Beschwerde und Liquidation des Verfahrensbeistands - lediglich aus 74 Blatt, von denen ein großer Teil doppelt vorhanden sind, weil die Schriftsätze vielfach vorab per Telefax übersandt wurden; aufgrund der beengten wirtschaftlichen Verhältnissen wurde beiden Eltern Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und es war lediglich ein Anhörungstermin erforderlich; weder war ein Gutachten einzuholen noch eine besonders umfangreiche Sachverhaltsaufklärung zu bewältigen. Die vom Beschwerdeführer angeführten, von ihm geführten Telefonate bzw. sein Schriftverkehr mit der von den Kindern besuchten Kindertagesstätte und dem Jugendamt, um Auskunft aus dem Sorgeregister (§ 58a SGB VIII) zu erlangen, rechtfertigen keine andere Beurteilung.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 32 RVG, § 59 Abs. 3 FamGKG; eine Entscheidung über die Zulassung einer Rechtsbeschwe...

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