Rz. 76

Bestimmungen zur Berechnung des Gegenstandswertes und der Wertfestsetzung finden sich in den §§ 22 bis 33 RVG (4. Abschnitt des Gesetzesteils im RVG). Eine für Familiensachen wichtige Wertbestimmung ist in § 23a RVG enthalten.

 

§ 23a Gegenstandswert im Verfahren über die Prozesskostenhilfe

(1) Im Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe oder die Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Nummer 1 der Zivilprozessordnung bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert; im Übrigen ist er nach dem Kosteninteresse nach billigem Ermessen zu bestimmen

(2) Der Wert nach Absatz 1 und der Wert für das Verfahren, für das die Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, werden nicht zusammengerechnet.

I. Addition mehrerer Gegenstände

 

Rz. 77

§ 22 Abs. 1 RVG behandelt den Grundsatz, dass in derselben Angelegenheit mehrere Gegenstände zusammengerechnet werden. Gleiches gilt für die Gerichtskosten über § 33 Abs. 1 FamGKG.

 

Rz. 78

 

Beispiel

Es wird ein Unterhaltsantrag eingereicht. In diesem Schriftsatz werden verschiedene Anträge gestellt:

1. Zahlung von Unterhalt für die Ehegattin
2. Zahlung von Unterhalt für das Kind

Hier treffen in derselben Angelegenheit mehrere Gegenstände aufeinander. Die Werte (Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt) sind zu addieren. § 22 Abs. 1 RVG ist beim Gegenstandswert in der Anwaltsrechnung zu zitieren. Eine Erhöhung kann nicht berechnet werden, vgl. Anm. Abs. 1 zu Nr. 1008 VV RVG.

II. Wertbegrenzung

 

Rz. 79

In § 22 Abs. 2 RVG ist eine Gegenstandswertbegrenzung auf 30 Mio. EUR enthalten, die für alle Fälle gilt, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Sind in derselben Angelegenheit mehrere Personen Auftraggeber wegen verschiedener Gegenstände, beträgt der Wert für jede Person höchstens 30 Mio. EUR, insgesamt jedoch nicht mehr als 100 Mio. EUR.[38]

 

Rz. 80

Die Wertbegrenzung in § 22 Abs. 2 RVG entspricht der Wertbegrenzung in § 33 Abs. 2 FamGKG, wobei im GKG der Wert von 30 Mio. EUR als Höchstgrenze gilt, unabhängig von der Anzahl der Auftraggeber. Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend, § 33 Abs. 1 S. 2 FamGKG.

 

Rz. 81

Diese Wertgrenze spielt bei Ehe- und Lebenspartnerschaftssachen keine Rolle, da der Gegenstandswert hier aufgrund des § 43 FamGKG ohnehin auf max. 1 Mio. EUR beschränkt ist. Auch wenn mit einem Familienrechtsmandat oft ein Erbrechtsmandat einhergeht oder bei sehr reichen Auftraggebern ein Zugewinnausgleichsverfahren durchzuführen ist, wird die Wertgrenze von 30 Mio. EUR hier wohl eher selten erreicht werden.

[38] Diese Regelung ist nach Ansicht des BVerfG auch nicht verfassungswidrig: BVerfG NJW 2007, 2098.

III. Verweis auf das FamGKG

 

Rz. 82

Der Gegenstandswert für die Berechnung der Anwaltsvergütung richtet sich grundsätzlich zunächst einmal nach dem RVG. Bestimmungen zur Berechnung des Gegenstandswertes und der Wertfestsetzung im RVG finden sich in den §§ 22 bis 33 RVG.

 

Rz. 83

§ 23a RVG regelt die Wertberechnung für Prozesskostenhilfeverfahren (Verfahrenskostenhilfe-Prüfungs- oder auch –Bewilligungs- und –Aufhebungsverfahren), siehe dazu Rdn 76.

 

Rz. 84

Soweit im RVG keine Bestimmung getroffen ist, gelten über § 23 Abs. 1 S. 1 RVG für eine gerichtliche Tätigkeit oder eine Tätigkeit, die gerichtlich sein könnte, die für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist.[39] Damit verweist das RVG zur Wertberechnung für die Anwaltsgebühren in Familiensachen auf die Anwendung des FamGKG.

[39] Änderung in § 23 Abs. 1 RVG durch Art. 47 Abs. 6 FGG-RG.

IV. Vertragsentwürfe

 

Rz. 85

In anderen Angelegenheiten (solchen, die nicht gerichtlich sind und auch nicht gerichtlich sein könnten, § 23 Abs. 1 S. 3 RVG, z.B. die Erstellung von Vertragsentwürfen) bestimmt § 23 Abs. 3 RVG, dass einige Vorschriften des GNotKG anzuwenden sind. Bis zum 31.7.2013 fand sich in § 23 Abs. 3 RVG der Verweis auf die Vorschrift für den Ehevertrag (§ 39 Abs. 3 KostO) und den Erbvertrag (§ 46 Abs. 4 KostO). Seit dem 1.8.2013 wird hier auf die §§ 100 u. 102 GNotKG verwiesen.

1. Erstellung eines Ehevertrags

 

Rz. 86

 

§ 100 Güterrechtliche Angelegenheiten

(1)

Der Geschäftswert

1. bei der Beurkundung von Eheverträgen im Sinne des § 1408 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die sich nicht auf Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich beschränken und
2. bei der Beurkundung von Anmeldungen aufgrund solcher Verträge

ist die Summe der Werte der gegenwärtigen Vermögen beider Ehegatten. Betrifft der Ehevertrag nur das Vermögen eines Ehegatten, ist nur dessen Vermögen maßgebend. Bei Ermittlung des Vermögens werden Verbindlichkeiten bis zur Hälfte des nach Satz 1 oder 2 maßgeblichen Werts abgezogen. Verbindlichkeiten eines Ehegatten werden nur von seinem Vermögen abgezogen.

(2) Betrifft der Ehevertrag nur bestimmte Vermögen...

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