Florian Enzensberger, Maximilian Maar
Rz. 55
Eine andere Möglichkeit, den Vorerben von den Beschränkungen der §§ 2113 ff. BGB zu befreien, besteht darin, den Nacherben durch Vermächtnis damit zu beschweren, bestimmten Verfügungen des Vorerben zuzustimmen. Er ist dann verpflichtet, bei Eintritt des Nacherbfalls, die betreffenden Verwaltungsmaßnahmen des Vorerben als ordnungsgemäß nach § 2130 BGB anzuerkennen. Z.B. kann der Erblasser den Nacherben durch Vermächtnis damit beschweren, dass er bestimmten unentgeltlichen Verfügungen des Vorerben zuzustimmen hat.
Rz. 56
Ob durch Vermächtnis eine solche Zustimmungsverpflichtung zu unentgeltlichen Verfügungen generell angeordnet werden kann, ist umstritten. Dies wird durch die wohl herrschende Meinung bejaht.
Rz. 57
Mit der Begründung, § 2136 BGB werde hierdurch außer Kraft gesetzt, werden dieser Ansicht jedoch erhebliche Bedenken entgegengebracht. § 2136 BGB soll den Nacherben gegen böswilliges oder nachlässiges Verhalten des Vorerben schützen. Der Nacherbe wäre aber dem willkürlichen Treiben schutzlos ausgeliefert, wenn er jeder unentgeltlichen Verfügung des Vorerben zustimmen müsste. Eine Kontrolle des Vorerben wäre faktisch nicht mehr gegeben. Dies kann nicht gewünscht sein, weswegen eine generelle Zustimmungspflicht hinsichtlich unentgeltlicher Verfügungen unzulässig ist.
Teilweise wird auch die Meinung vertreten, dass das ganze Institut der Vor- und Nacherbschaft quasi unterlaufen wird, wenn es zulässig sein soll, den Vorerben vermächtnisweise von der Ersatzpflicht wegen Verstoßes gegen § 2113 Abs. 2 BGB zu befreien, so dass eine Zustimmungsverpflichtung durch Vermächtnis gänzlich abgelehnt wird.
Rz. 58
Ein Vermächtnis, das den Nacherben verpflichtet, unentgeltlichen Verfügungen des Vorerben im Hinblick auf ganz bestimmte Gegenstände zuzustimmen, ist jedoch statthaft. Wie bereits dargestellt, kann der Erblasser bestimmte Gegenstände mittels eines Vorausvermächtnisses dem Nacherbenrecht mit dinglicher Wirkung entziehen. In logischer Konsequenz hierzu muss deshalb eine bloße Zustimmungspflicht des Nacherben zu einer unentgeltlichen Verfügung des Vorerben über bestimmte Gegenstände ebenso möglich sein. Verfügungen zugunsten des ausgeschlossenen Personenkreises wird der Erblasser aber immer von der Zustimmungspflicht ausnehmen.
Rz. 59
Fraglich ist, ob die Zustimmungsverpflichtung eine unmittelbare dingliche Wirkung entfalten kann. Dies würde bedeuten, dass eine Verfügung, die dem Vermächtnis entspricht, sofort endgültige Wirksamkeit erlangt. Eine solche Wirkung sieht das Gesetz aber nur für ein Vorausvermächtnis vor (§ 2110 Abs. 2 BGB).
Rz. 60
Vor Eintritt des Nacherbfalls kann der Nacherbe grundsätzlich nicht mit einem Vermächtnis beschwert werden. Wie sich aus § 2120 BGB jedoch ergibt, kann dies nicht für die Zustimmungsverpflichtung gelten. Demnach können derartige Verpflichtungen den Nacherben bereits während der Zeit der Vorerbschaft treffen. Dies bedeutet, dass der Nacherbe bereits mit dem Erbfall verpflichtet ist, Verfügungen des Vorerben zuzustimmen, die dem Vermächtnis entsprechen. Sofern der Nacherbe seine Zustimmung erteilt, wird die Verfügung nach § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB wirksam. Wird die Zustimmung nicht erteilt, wird die Verfügung gem. § 2113 Abs. 2 BGB mit Eintritt des Nacherbfalls unwirksam. Allerdings ist der Vorerbe für diesen Fall dann von einem Ersatzanspruch nach § 2138 Abs. 2 BGB wegen unentgeltlicher Verfügungen befreit.
Formulierungsbeispiel
Im Wege eines Vermächtnisses zugunsten des Vorerben beschwere ich den Nacherben mit folgender Verpflichtung: Er hat nach Eintritt des Nacherbfalls hinsichtlich der zu meinem Nachlass gehörenden GbR Beteiligung an der XY Grundstücks-GbR; Hamburg, für alle vom Vorerben vorgenommenen Handlungen und Rechtsgeschäfte Zustimmung zu erteilen und diese gegen sich wirken zu lassen, sofern diese einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen. Sofern es hinsichtlich der Frage einer ordnungsgemäßen Verwaltung zum Streit kommt, hat Herr Z als Schiedsgutachter hierüber abschließend zu entscheiden. Auf Verlangen hat der Nacherbe die Zustimmung in öffentlich beglaubigter Form abzugeben.