Florian Enzensberger, Maximilian Maar
I. Regelungsinhalt des § 1586b BGB
Rz. 170
Was häufig übersehen wird: Auch nach einer Scheidung kann ein Ehegatte seinen Unterhaltsanspruch gegen die Erben des unterhaltspflichtigen Erblassers nach den Vorschriften der §§ 1569–1586b, 1933 S. 3 BGB geltend machen, auch wenn sein Erbrecht bereits nach § 1933 S. 1 BGB erloschen ist. Für die Verpflichtung zur Leistung des nachehelichen Unterhalts haften nach § 1586b BGB die Erben des Unterhaltspflichtigen.
Sinn und Zweck der Norm ist es, den Lebensbedarf des geschiedenen Ehegatten über den Tod des Verpflichteten hinaus in gleicher Weise sicherzustellen, wie dies bei einem fiktiven Fortbestand der Ehe bis zum Erbfall durch erbrechtliche Ansprüche (hier: Pflichtteil) erreicht worden wäre. Da der Ex-Ehegatte aber auch nicht besser stehen soll als bei fiktivem Fortbestand der Ehe, haften die Erben nicht über den fiktiven Betrag des Pflichtteils hinaus (§ 1586b Abs. 1 S. 3 BGB).
Eine Ausnahme hiervon ergibt sich allerdings aus § 1586b Abs. 1 S. 2 BGB, wonach die Beschränkungen des § 1581 BGB wegfallen. Der geschiedene Ehegatte kann den vollen Unterhalt nach den prägenden ehelichen Lebensverhältnissen beanspruchen. Die Erben können sich nicht mehr auf eine beschränkte Leistungsfähigkeit des Erblassers berufen.
Ist die Ehe noch nicht geschieden, liegen aber die Voraussetzungen des § 1933 S. 1 BGB vor, wonach das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht weggefallen ist, wird der länger lebende Ehegatte durch die Verweisung in § 1933 S. 3 BGB im selben Umfang bevorzugt.
Der Ex-Ehegatte hat aber keinen Anspruch auf eine Einmalabfindung. Vielmehr bleiben die Erben zur Zahlung einer monatlich im Voraus zu leistenden Geldrente verpflichtet (§ 1585 Abs. 1 S. 2 BGB).
II. Berechnung der Pflichtteilsquote
Rz. 171
Zur Berechnung der Höhe der fiktiven Pflichtteilsquote ist gem. § 1586b Abs. 2 BGB der nicht erhöhte Ehegattenerbteil aus § 1931 Abs. 1 BGB heranzuziehen.
Beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bleibt die pauschale Erhöhung des Erbteils gem. § 1371 Abs. 1 BGB zur Abgeltung des Zugewinns unberücksichtigt. Dies erscheint auch logisch, da im Zuge der Ehescheidung der Zugewinn in der Regel tatsächlich ausgeglichen oder darauf verzichtet wurde.
Für den Fall, dass die Ehegatten vor der Scheidung im Güterstand der Gütertrennung lebten, kommt die Vorschrift des § 1371 Abs. 4 BGB ebenso nicht zur Anwendung.
Neu hinzukommende pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge mindern die Pflichtteilsquote des Ex-Ehegatten. Dies wird damit begründet, dass auch der unterstellte Fortbestand der Ehe die Entstehung nicht verhindert hätte.
Rz. 172
Durch eine Wiederverheiratung des unterhaltspflichtigen Ex-Ehegatten werden die Ansprüche des geschiedenen Ex-Ehegatten allerdings nicht reduziert.
Die Wiederverheiratung des unterhaltsberechtigten Ex-Ehegatten führt aber zum gänzlichen Wegfall seines Anspruchs nach § 1586 Abs. 1 BGB, sofern nicht etwas anderes vereinbart wurde. Lebt der Unterhaltsberechtigte seit vielen Jahren mit einem neuen Partner in eheähnlicher Gemeinschaft, können sich die Erben auf die Beschränkung oder den kompletten Wegfall der Verpflichtung zur Unterhaltszahlung wegen grober Unbilligkeit berufen (§ 1579 Nr. 2 BGB).
Nach bislang herrschender Meinung gehen die Unterhaltsansprüche bei Vorliegen eines Erbverzichts unter.
Zur Frage, wie sich ein während der Ehezeit abgegebener Pflichtteilsverzicht des Unterhaltsberechtigten auf die Unterhaltsansprüche auswirkt, fehlt noch eine höchstrichterliche Rechtsprechung. In der Literatur werden hierzu unterschiedliche Standpunkte vertreten. Die Haftung der Erben nach § 1586b BGB dürfte allerdings dadurch nicht entfallen, da unterhaltsrechtliche Konsequenzen von den Ehegatten bei Abschluss eines Pflichtteilsverzichtsvertrages in aller Regel nicht ins Kalkül gezogen werden.
Um die unklare Rechtslage zu beseitigen, sollte in eine Scheidungsvereinbarung immer eine ausdrückliche Regelung zu § 1586b BGB aufgenommen werden, wenn die Unterhaltsansprüche mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen enden sollen.
Formulierungsbeispiel
Mit dem Tod des zuerst versterbenden Unterhaltsverpflichteten sollen sämtliche Unterhaltsansprüche erlöschen, wobei die Anwendbarkeit des § 1586b BGB sowie des § 1933 S. 3 BGB ausdrücklich ausgeschlossen wird.
oder:
Dieser Pflichtteilsverzicht hat allein erbrechtliche Wirkung. Unterhaltsansprüche des überlebenden Ehegatten gegen die Erben nach §§ 1586b, 1933 S. 3 BGB werden hierdurch nicht ausgeschlossen. Der Überlebende ist vielmehr für diesen Fall so zu stellen, als ob der Pflichtteilsverzicht hinsichtlich dieser Rechtsfolge nicht erklärt worden wäre.
Rz. 173
In einer Entscheidung aus dem Jahre 2000 hat der BGH klargestellt, dass in die Berechnung der Haftungsgrenze des § 1586b Abs. 1 S. 3 BGB die fiktiven Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den Erben einzubeziehen sind. Dadurch wird aber nur vermeintlich die Gefahr der Umgehung des Schutzzwecks des §...