Rz. 40
Die Verletzung von Verbraucherinteressen im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen, bei der es sich um einen weitverbreiteten Verstoß gemäß Art. 3 Nr. 3 oder einen weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension gemäß Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EU) 2017/2394 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2017 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004, die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2019/771 geändert worden ist, handelt, ist nach Art. 246e § 1 Abs. 1 EGBGB verboten.
Die Regelung normiert den sozialethischen Vorwurf, der die Bußgeldbewehrung rechtfertigt: "Verletzungen von in der Verbraucherrechterichtlinie und in der Klauselrichtlinie und in Abs. 2 und 3 näher bestimmten Unterlassungspflichten für Unternehmer in dem in Art. 3 Nr. 3 und 4 der CPC-Verordnung festgelegten Ausmaß sind als rechtswidrige und vorwerfbare Handlungen einzustufen, die verboten sind".
Rz. 41
Eine Verletzung von Verbraucherinteressen im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen im Sinne Art. 246e § 1 Abs. 1 EGBGB liegt gemäß Art. 246e § 1 Abs. 2 EGBGB – der im Einzelnen auflistet, wann eine Verletzung von auf nationalem deutschen Recht beruhenden Handlungs- und Unterlassungspflichten vorliegt, die in dem in Art. 3 Nr. 3 und 4 CPC-VO festgelegten Ausmaß verboten ist – vor, wenn
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gegenüber dem Verbraucher ein nach § 241a Abs. 1 BGB (der Art. 27 VerbrRRL umsetzt und die Pflicht des Unternehmers impliziert, bei Zusendung unbestellter Ware an den Verbraucher grundsätzlich keinen Anspruch gegen diesen geltend zu machen) nicht begründeter Anspruch geltend gemacht wird (Nr. 1), |
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von einem Unternehmer in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung empfohlen oder verwendet wird (Nr. 2, der die Verwendung oder Empfehlung Allgemeiner Geschäftsbedingungen erfasst, die nach § 309 BGB unwirksam sind oder Allgemeiner Geschäftsbedingungen, deren Verwendung oder Empfehlung durch rechtskräftiges Urteil aufgrund einer Verbandsklage untersagt wurde),
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die nach § 309 BGB unwirksam ist (Buchst. a – Fälle, in denen der Unternehmer eine Klausel verwendet oder empfiehlt, die nach § 309 BGB unwirksam ist) oder |
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deren Empfehlung oder Verwendung gegenüber Verbrauchern dem Unternehmer durch rechtskräftiges Urteil untersagt wurde (Buchst. b – Fälle, in denen ein Unternehmer Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet, deren Verwendung oder Empfehlung durch rechtskräftiges Urteil aufgrund einer Verbandsklage untersagt wurde – womit Buchst. b zunächst ein rechtskräftiges Unterlassungsurteil voraussetzt, nach dem es dem Verwender untersagt ist, eine bestimmte Klausel in AGB weiter zu verwenden, und weiterhin, dass der Verwender die im Urteil titulierte Klausel weiterhin empfiehlt oder sie weiterhin verwendet). |
"Verwenden" ist weit zu verstehen. Darunter ist somit sowohl das "Darauf-Berufen" in einem bereits bestehenden Kundenverhältnis als auch das "Neu-Verwenden" gegenüber potenziellen weiteren Verbrauchern zu verstehen, da die Vertragsdurchführung unter Ausnutzung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen erst recht als "Verwenden" zu qualifizieren ist. Beachte: Das Verwenden oder Empfehlen einer Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann sowohl unter Buchst. a als auch unter Buchst. b fallen, wenn die Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 309 BGB unwirksam ist, dies aufgrund einer Verbandsklage rechtskräftig festgestellt wurde und der Unternehmer die Bestimmung weiterempfiehlt oder verwendet – wobei in diesem Fall der allgemeine Bußgeldtatbestand in Nr. 2a hinter den spezielleren Bußgeldtatbestand in Nr. 2b zurücktritt. |
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eine Identität oder der geschäftliche Zweck eines Anrufs nicht nach § 312a Abs. 1 BGB (der den Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher zu Beginn eines Anrufs zum Zwecke des Vertragsabschlusses bestimmte Informationen zu erteilen) offengelegt wird (Nr. 3), |
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der Verbraucher nicht nach § 312a Abs. 2 Satz 1 BGB (i.V.m. Art. 246 EGBGB) oder § 312d Abs. 1 BGB (i.V.m. Art. 246a EGBGB) informiert wird (Nr. 4 – Verpflichtung des Unternehmers, den Verbraucher vor Vertragsschluss hinreichend zu informieren), |
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eine Vereinbarung nach § 312a Abs. 3 Satz 1, auch i.V.m. Satz 2, BGB, nicht ausdrücklich getroffen wird (Nr. 5), |
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eine nach § 312a Abs. 4 Nr. 2 oder Abs. 5 Satz 1 BGB verbotene Vereinbarung abgeschlossen wird (Nr. 6), |
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von dem Verbraucher entgegen § 312e BGB (der den Unternehmer implizit verpflichtet, bei fehlender Information über zusätzlich anfallende Kosten, wie z.B. Lieferkosten, solche nicht gegenüber dem Verbraucher geltend zu machen) die Erstattung der Kosten verlangt wird (Nr. 7), |
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eine Abschrift oder eine Bestätigung des Vertrags nach § 312f Abs. 1 Satz 1, auch i.V.m. Satz 2, oder nach Abs. 2 Satz 1 BGB (Regelung der Einzelheiten der Verpflichtu... |