Rz. 35
Die Gütergemeinschaft ist heute wegen der ungünstigen Haftungslage jedes Ehegatten für die Schulden des anderen nur noch selten vorzufinden. Die Gütergemeinschaft begründet verschiedene Vermögensmassen der Ehepartner, die auch unterschiedlich vererbt werden. Es entsteht zunächst das Gesamtgut als einheitliche Vermögensmasse beider Ehepartner. Alles Vermögen, das die Eheleute in die Ehe einbringen oder während der Ehe erwerben, fließt in das Gesamtgut ein. Hinsichtlich der Verfügungsbefugnis hierüber ist § 1419 BGB zu beachten.
a) Sondergut – Vorbehaltsgut
Rz. 36
Darüber hinaus verfügt der jeweilige Ehegatte noch über das Sondergut, § 1417 BGB. Das Sondergut wird von Gegenständen gebildet, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können (z.B. Schmerzensgeldansprüche, Nießbrauch usw.). Daneben wird das Vorbehaltsgut begründet, was durch Erklärung mittels Ehevertrags oder Verfügung von Todes wegen mit dieser Bestimmung oder per Surrogation geschieht, § 1418 BGB. Für den erbrechtlichen Bereich ist maßgeblich, dass den Ehegatten am Gesamtgut jeweils nur ½-Anteil zusteht, am Sonder- und Vorbehaltsgut hingegen der volle Anteil. Das Sondergut ist regelmäßig nicht vererbbar, da es sich auf nicht übertragbare Rechte bezieht. Hinsichtlich des dem Erblasser vollständig gehörenden Vorbehaltsguts ergeben sich erbrechtlich keine Besonderheiten. Das Gesamtgut steht beiden Ehegatten zu je ½ zu, sodass nur der hälftige Anteil hieran erbrechtlich zu berücksichtigen ist. Mit dem Tod des Ehegatten ist die Gesamthandgemeinschaft allerdings noch nicht aufgeteilt. Hierzu bedarf es einer Liquidation. Die gesetzliche Erbquote bei der Gütergemeinschaft liegt immer bei einem Viertel.
b) Gütergemeinschaft ohne Fortsetzungsvereinbarung
Rz. 37
Ist die Gütergemeinschaft durch notarielle Vereinbarung als eine solche ohne Fortsetzungsvereinbarung begründet worden, bedarf es beim Tod eines Ehegatten einer gesonderten Auseinandersetzung dieser Gesamthandgemeinschaft. Dies kann auch durch Vermittlung des Nachlassgerichts geschehen, §§ 487 ff. FamFG (§§ 373, 363 FamFG). Wird eine Einigung nicht erzielt, kann jeder Teilhaber der Gemeinschaft auf Zustimmung zum Abschluss eines Auseinandersetzungsvertrages klagen. Insoweit ähnelt diese Form der Gütergemeinschaft der Miterbengemeinschaft. Deshalb ist auch ein konkreter Teilungsplan für den Klageantrag notwendig, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Voraussetzung ist, dass das Gesamtgut teilungsreif ist. Sind Grundstücke in der Gesamthandgemeinschaft enthalten, hat die Teilungsversteigerung vorauszugehen. Außerdem sind Gesamtguts- und Nachlassverbindlichkeiten zuvor wegzufertigen, wenn die Gesamtguts- mit der Nachlassauseinandersetzung zusammenfällt, §§ 1475, 2046 BGB. Ein entsprechendes Urteil wirkt gem. § 894 ZPO, sodass ein rechtskräftiges Urteil die Zustimmung zum Auseinandersetzungsvertrag ersetzt.
Beispiel
Liegt eine Gütergemeinschaft ohne Fortsetzungsvereinbarung der Konstellation vor, dass die Ehepartner Gütergemeinschaft vereinbart haben, wobei einer der Ehepartner verstirbt und zwei Kinder vorhanden sind, so erhält der überlebende Ehepartner ¼ gem. § 1931 Abs. 1 BGB, die Kinder jeweils ⅜-Anteil gem. § 1924 Abs. 1, 4 BGB. Am Gesamtgut erhält der überlebende Ehepartner insgesamt ⅝ (½ + ¼), die Kinder je 3/16 (⅜ vom ½-Anteil des Erblassers). Am Vorbehaltsgut und Sondergut – soweit vererblich – erhält der Ehepartner ¼, die beiden Kinder je ⅜.
c) Ehegattenerbrecht bei fortgesetzter Gütergemeinschaft
Rz. 38
Haben durch Ehevertrag die Ehegatten bestimmt, dass die Gütergemeinschaft beim Tod eines von ihnen nicht aufgelöst, sondern mit gemeinschaftlichen Abkömmlingen, die am Nachlass des Erstversterbenden erbberechtigt wären, fortgesetzt wird, liegt eine fortgesetzte Gütergemeinschaft vor, §§ 1483 ff. BGB. Diese Variante ist allerdings kaum praxisrelevant, da diese Gütergemeinschaften regelmäßig durch anschließende Eheverträge aufgelöst worden sind. Bei dieser Art der Gütergemeinschaft wird der Anteil des Erblassers am Gesamtgut regelmäßig nicht vererbt, weil die Fortsetzung der Gemeinschaft nach § 1483 BGB vereinbart ist. Ein Erbrecht kann daher nur hinsichtlich des Sonder- und Vorbehaltsgutes begründet werden. Das gilt allerdings dann nicht, wenn gemeinschaftliche Abkömmlinge mit anderen (bspw. aus anderen Ehen) zusammentreffen. Dann steht den nicht gemeinschaftlichen Abkömmlingen der Ehepartner, die die fortgesetzten Gütergemeinschaften begründet haben, ein Erbrecht so zu, als ob die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht bestehen würde, § 1483 Abs. 2 BGB. In diesen Fallkonstellationen ist somit das Gesamtgut erbrechtlich relevant.
d) Begründung der Gütergemeinschaft als unentgeltliche Zuwendung?
Rz. 39
Wird eine Gütergemeinschaft begründet, §§ 1415 ff. BGB, wird Vermögen von einem Ehegatten auf den anderen transferiert, ohne dass der Empfänger hierfür eine Gegenleistung...