Rz. 69
Vom privatschriftlichen Testament ist zunächst ein bloßer Testamentsentwurf abzugrenzen. Bei diesem handelt es sich mangels Testierwillens nicht um ein gültiges Testament. Um den Testierwillen zu bejahen, muss der Erblasser die von ihm erstellte Testamentsurkunde als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung ansehen oder zumindest in dem Bewusstsein gehandelt haben, die Urkunde könne als Testament angesehen werden. Hierfür muss außer Zweifel stehen, dass der Erblasser subjektiv seine Erklärung als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen hat. Ob der Testierwille gegeben ist oder es sich bei dem Schriftstück nur um einen Entwurf der letztwilligen Verfügung handelt, ist hinsichtlich der Form, des verwendeten Urkundsmaterials oder des Inhalts oft zweifelhaft. Die Ernsthaftigkeit des Erblasserwillen muss notfalls durch Auslegung nach § 133 BGB ermittelt werden. Wer aus einem Schriftstück, das ein Testament darstellen soll, Rechte zu seinen Gunsten ableiten will, trägt auch für den Testierwillen nach allgemeinen Beweisregeln die Beweislast. Die Vermutung des § 440 Abs. 2 ZPO, wonach die Feststellung der Echtheit der Unterschrift auch die Echtheit des darüberstehenden Textes vermuten lässt, gilt hingegen in dieser Konstellation nicht; ebenso wenig gilt der Grundsatz der wohlwollenden Auslegung nach § 2084 BGB für den behaupteten Testierwillen nicht, weshalb an den Nachweis des Testierwillens strenge Anforderungen zu stellen sind.
Rz. 70
Zwingende Gültigkeitsvoraussetzung für das privatschriftliche Testament ist die eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung des Erblassers, § 2247 Abs. 1 BGB. Dies ist deshalb notwendig, damit zur Nachprüfung der Echtheit und Einheit des niedergelegten Willens aufgrund der individuellen Schrift des Erblassers notfalls ein graphologisches Gutachten eingeholt werden kann und eine Nachahmung erschwert wird.
Beachte
Ein Schriftsachverständigengutachten, welches die Echtheit eines Testaments beweisen soll, muss nachvollziehbar sein, Vergleichsmaterial ausreichend berücksichtigen und von einem qualifizierten Gutachter erstellt sein, andernfalls es prozessual unverwertbar ist.
Rz. 71
Ist das Originaltestament nicht mehr auffindbar, kann unter bestimmten Voraussetzungen die Erbenstellung auch auf eine Kopie des unauffindbaren Testaments gestützt werden. Nur deshalb, weil ein Originaltestament nicht mehr auffindbar ist und nur eine Kopie desselben im Nachlassverfahren vorgelegt werden kann, schließt die Kopievorlage eine mögliche Erbenstellung nicht aus. Die Feststellungslast dafür, dass das unauffindbare Testament formgültig errichtet wurde und den entsprechenden Testamentsinhalt besitzt, trägt derjenige, der sich darauf beruft. Der nur unfreiwillige Verlust der Testamentsurkunde macht das Testament noch nicht unwirksam. Lag eine formgültige Errichtung vor und geht das Testament nur verloren, stellt der unfreiwillige Verlust der Testamentsurkunde keine Vernichtung desselben nach § 2255 S. 1 BGB dar. Aus diesem Grund greift die Vermutung der Widerrufsabsicht des Erblassers nach § 2255 S. 2 BGB nicht ein. Dasselbe gilt für die versehentliche Vernichtung des eigenen Testaments in Unkenntnis dessen, dass es sich beim vernichteten Schriftstück um das eigenhändige Testament handelte.
Rz. 72
Sofern das Originaltestament nicht auffindbar ist, kann sich die Erbenstellung auch auf eine vom Erblasser unterschriebene Testamentskopie stützen. Die Eigenhändigkeit schließt aus, dass der Erblasser zur Niederlegung seines letzten Willens mechanische Schreibhilfen (Schreibmaschine, Druck, Telegramm) verwendet. Zulässig ist nur eine unterstützende Schreibhilfe, bspw. das Halten einer geschwächten Hand oder das Abstützen des Arms, sofern der Erblasser die Ausformung der Schriftzüge selbst bestimmt und diese ausschließlich von seinem eigenen Willen getragen werden. Ein aktives Führen der Hand des Testierenden durch einen Dritten ist somit zur Herstellung eines wirksamen Testaments ausgeschlossen, da der so niedergelegte Wille des Erblassers nicht mehr von ihm stammt.
Auch die Unterschrift muss vom Erblasser selbst stammen. Hierbei genügt, wenn die Identifizierung des Erblassers aus der Unterschrift möglich ist. Daher können – sofern der Erblasser diese üblicherweise verwendet – Abkürzungen, Initialen oder Anfangsbuchstaben ausreichen.
Beachte
Wird die Echtheit der Unterschrift unter einem Testament bestritten und gelangt ein Schriftsachverständiger nur zu einer Wahrscheinlichkeit von 75 %, dass die Unterschrift tatsächlich vom Erblasser stammt, genügt dieser Wahrscheinlichkeitsgrad für eine darauf gestützte Erbenstellung nicht.
Rz. 73
Die Unterschrift muss am Ende der Verfügung angebracht sein und den voranstehenden Urkundstext räumlich abschließen. Wird ein Zusatz oder Nachtrag unterhalb der Unterschrift nachträglich hinzugesetzt, muss dieser erneut unterschrieben sein. Sofern sich Zusätze zum Testament auf einem gesonderten Bl...