I. Verzichtserklärung und Scheidungsfolgenvereinbarung
Rz. 173
Das Familiengericht soll einem Scheidungsantrag nach § 133 FamFG stattgeben, wenn sich die Ehegatten über die dort bezeichneten Gegenstände dergestalt geeinigt haben, dass ein vollstreckbarer Schuldtitel herbeigeführt wurde. Dies wird regelmäßig durch Scheidungsfolgenvereinbarungen erzielt. Nach § 1933 S. 1 BGB verliert der Ehepartner sein gesetzliches Erbrecht erst dann, wenn zurzeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen der Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung entweder selbst beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Ist hingegen das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen oder sind weitere Scheidungsvoraussetzungen noch nicht vorhanden, um den Scheidungsantrag bei Gericht einzureichen, sollten die Parteien durch Vereinbarung die Wirkung des Ausschlusses des Erbrechts des Ehegatten auf den Zeitpunkt der Scheidungsvereinbarung vorverlegen.
Beachte
Liegt zwischen den Ehepartnern bereits ein Ehevertrag vor, ist Vorsicht geboten, denn ehevertragliche Regelungen, die sich auf die Scheidungsfolgen beziehen, können gem. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein, insbesondere dann, wenn sie eine evident einseitige Lastenverteilung enthalten, die bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheinen. Diese Sittenwidrigkeit des Ehevertrags kann auch einen Erb- und Pflichtteilsverzicht infizieren und über § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein lassen.
II. Erb- und Pflichtteilsverzicht
Rz. 174
Wie bereits dargestellt, hat der Erbverzicht gem. § 2346 Abs. 1 BGB für den Verzichtenden den Austritt aus der gesetzlichen Erbfolge zur Konsequenz (siehe Rdn 112). Der Verzicht gilt auch für Abkömmlinge. Wird der Ehegatte jedoch durch eine Verfügung von Todes wegen zusätzlich als Erbe bedacht, geht der Erbverzicht ins Leere. Im Zuge der Scheidungsfolgenvereinbarung ist eine bisher zugunsten des Ehegatten bestehende letztwillige Verfügung von Todes wegen zu widerrufen oder abzuändern.
Rz. 175
Ist diese Todesfiktion des Erbverzichts im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung unerwünscht, so sollte ein isolierter Pflichtteilsverzichtsvertrag abgeschlossen werden. Beim Erbverzicht entfallen die Pflichtteils-, Pflichtteilsergänzungs- und Pflichtteilsrestansprüche des Verzichtenden. Nach § 2310 S. 2 BGB erhöhen sich dadurch die Pflichtteile der Verbleibenden. Wird nur ein isolierter Pflichtteilsverzicht nach § 2346 Abs. 2 BGB erklärt, entfällt diese Pflichtteilserhöhung anderer. Daher reicht es häufig aus, wenn der Ehepartner auf seinen Pflichtteil verzichtet und gleichzeitig auf etwaige Zugewinnausgleichsansprüche, weil diese nicht vom Pflichtteilsverzicht umfasst werden.
III. Zugewinnausgleich und Erb- und Pflichtteilsverzicht
Rz. 176
Weder Erb- noch Pflichtteilsverzichte umfassen den Zugewinnausgleichsanspruch nach §§ 1371 Abs. 2, 1372 BGB. Daher sollte eine Scheidungsvereinbarung den Ausschluss eines Zugewinnausgleichsanspruchs beinhalten oder eine Gütertrennung aufnehmen. Sofern der Ehegatte den Erbverzichtsvertrag abschließt, aber er dennoch Erbe oder Vermächtnisnehmer durch eine Verfügung von Todes wegen werden sollte, verbleibt es bei der erbrechtlichen Lösung. Danach erfolgt keine Erhöhung des Erbteils nach § 1371 Abs. 1 BGB. Der Zugewinnausgleich erfolgt nicht, sofern der Ehegatte nicht die Ausschlagung erklärt. Wegen des Erbverzichts kann ein Ehegatte dann aber auch keinen Pflichtteil verlangen.
IV. Unterhaltsverzicht, § 1586b BGB
Rz. 177
Auf familienrechtliche Unterhaltsansprüche wird regelmäßig in Scheidungsfolgenvereinbarungen verzichtet. Daneben bestehen jedoch auch erbrechtliche Unterhaltsansprüche, die nicht selten in derartigen Vereinbarungen ungeregelt bleiben. Alle Unterhaltsansprüche gehen mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen unter (§§ 1615, 1360a Abs. 3 BGB), sofern nicht ausnahmsweise ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch geschiedener Ehegatten sowie der Ausschluss des Ehegattenerbrechts nach § 1933 BGB gegeben ist. Gerade im Fall des § 1933 BGB geht die Unterhaltsverpflichtung auf die Erben über. Dabei ist die Erbenhaftung auf die Höhe des fiktiven kleinen Pflichtteils nach § 1586b BGB beschränkt.
Der BGH hat inzwischen ausgeurteilt, dass in die Berechnung der Haftungsgrenze des § 1586b Abs. 1 S. 3 BGB die fiktiven Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den Erben einzubeziehen sind. Höchstrichterlich ist derzeit ungeklärt, wie sich ein Pflichtteilsverzicht des Unterhaltsberechtigten auswirkt, der während bestehender Ehe erklärt wurde. Dies ist in der Beratungspraxis gegenüber dem Mandanten deutlich zu machen und die Rspr. hierzu im Auge zu behalten. Ungeklärt ist ebenfalls, ob § 1586b BGB auch auf vertraglich vereinbarte Unterhaltspflichten Anwendung findet. Sofern die gesetzliche Unterhaltspflicht nur durch die vertragliche Regelung näher ausgestaltet wird, gilt § 1586b Abs. 1 S. 1 BGB analog. Werden allerdings erhebliche Abweichungen von der gesetzlichen Unterhaltspflicht durch vertragliche Vereinbarungen neu geregelt, ist davon auszugehen, dass § 1586b BGB unanwendbar ist.