Rz. 6

Stellt der Gläubiger bei der Durchsicht des Grundbuchauszugs fest, dass bereits ein dingliches Recht in Abt. II des Grundbuchs eingetragen ist, und geht dieses Recht seinem eigenen Anspruch im Range vor, müssen unbedingt Überlegungen zur Bewertung dieses Rechts vorgenommen werden, da u.U. das Zwangsversteigerungsverfahren hierdurch aussichtslos werden kann. Bleibt ein solches Recht nach den Versteigerungsbedingungen bestehen, hat der Ersteher dieses zu übernehmen. Stellt sich dann heraus, dass das Recht im Zeitpunkt des Zuschlags nicht bestanden hat (z.B. Wegfall durch Tod des Berechtigten), hat der Ersteher einen entsprechenden Zuzahlungsbetrag zu zahlen.

 

Rz. 7

Damit der Bieter diese Möglichkeit der Zuzahlung schon bei Abgabe seines Gebots richtig einschätzen kann, schreibt Abs. 2 des § 51 ZVG in Form einer Sollvorschrift die Festsetzung dieses Zuzahlungsbetrags durch das Vollstreckungsgericht bei der Feststellung des geringsten Gebots vor. Das Versteigerungsgericht hat also den Betrag zu ermitteln, um den der Wert des Grundstücks objektiv durch die Belastung gemindert ist, der also bei Verkauf des Grundstücks ohne die zu wertende Einzelbelastung über den bei Veräußerung des belasteten Grundstücks erreichbaren Kaufpreis hinaus erzielt werden könnte.[6]

 

Rz. 8

 

Übersicht

Geht das Recht dem bestrangig betreibenden Gläubiger im Range vor, fällt es in das geringste Gebot, bleibt am Grundstück bestehen und ist vom Ersteher zu übernehmen,

§ 52 ZVG

Geht das Recht dem bestrangig betreibenden Gläubiger rangmäßig nach oder steht es ihm gleich, erlischt es mit dem Zuschlag und ist aus dem Versteigerungserlös, soweit dieser hierzu ausreicht, zu befriedigen,

§§ 91 Abs. 1, 92 ZVG

Festsetzung eines Ersatzwertes, § 51 Abs. 2 ZVG

(für evtl. Nachzahlung des Erstehers, falls das Recht im Zeitpunkt des Zuschlages nicht bestanden hat)

Auf Anmeldung des Berechtigten:

Feststellung eines Ersatzwertes, der dem Berechtigten anstelle des Rechtes gebührt

Zeitpunkt:

Im Versteigerungstermin

vor Beginn der Bietzeit

Zeitpunkt:

Im Verteilungstermin
 

Rz. 9

 

Hinweis

Der für bestehen bleibende Rechte festzusetzende Betrag darf nicht mit dem Ersatzwert gleichgesetzt werden, der dem Berechtigten für ein erlöschendes Recht aus dem Erlös zu zahlen ist, § 92 ZVG. Dieser Betrag kann u.U. um ein Vielfaches höher sein als der festzusetzende Zuzahlungsbetrag, da bei Erlöschen die wirtschaftliche Bedeutung des Rechts für den Berechtigten die maßgebliche Rolle spielt.[7]

 

Rz. 10

 

Beispiel

Während das Wegerecht für den Eigentümer des dienenden Grundstücks keine wesentliche Beeinträchtigung darstellt und somit bei Bestehenbleiben mit ca. 100,00 EUR bis 500,00 EUR als Zuzahlungsbetrag bewertet wird, richtet sich der Wertersatz bei Erlöschen des Rechts nach dem Interesse des Berechtigten des Wegerechts. Sollte das Recht z.B. die einzige Zufahrtsmöglichkeit zum Grundstück absichern, wird der Wert in der Höhe zu bemessen sein, den der Berechtigte aufwenden muss, um die Zufahrt möglicherweise durch Grundstückskauf aufzubringen.

[6] OLG Hamm vom 6.10.1983, 15 W 137/83, Rpfleger 1984, 30.
[7] Vgl. Schiffhauer, Rpfleger 1975, 187: Die Grunddienstbarkeit in der Zwangsversteigerung.

I. Grunddienstbarkeit

 

Rz. 11

Handelt es sich bei der Grunddienstbarkeit um alltäglich vorkommende Leitungsrechte für Versorgungsunternehmen, wird nur ein geringer Betrag festgesetzt. In der Praxis werden teilweise für alltägliche und notwendige Rechte Beträge zwischen 5,00 EUR und 500,00 EUR festgesetzt. Das zu übernehmende Recht wird das Versteigerungsergebnis regelmäßig nicht beeinflussen. Anders wird es sicherlich sein, wenn die Dienstbarkeit ein umfassendes Bodennutzungsrecht beinhaltet, z.B. das Recht zur Entnahme von Bodenbestandteilen oder eine Bau- bzw. Nutzungsbeschränkung des Grundstücks.[8]

 

Rz. 12

Ein bei dem Recht eingetragener Höchstbetrag, § 882 BGB, hat auf die Höhe des zu bestimmenden Zuzahlungsbetrags keinen Einfluss.[9]

[8] Zur Bewertung eines Wegerechts allgemein (Errichtung und Betrieb einer U-Bahn) vgl. BGH vom 1.2.1982, III ZR 93/80, NJW 1982, 2179.
[9] OLG Hamm vom 6.10.1983, 15 W 137/83, Rpfleger 1984, 30; Dassler/Schiffhauer/Hintzen, ZVG, § 51 Rn 10.

II. Beschränkte persönliche Dienstbarkeit

 

Rz. 13

Da sich dieses Recht inhaltlich nicht von der Grunddienstbarkeit unterscheidet, kann zunächst auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden. Handelt es sich jedoch um das rechtlich besonders ausgestaltete Wohnungsrecht, § 1093 BGB, wird der Wert regelmäßig nach dem fiktiven Jahresmietwert, multipliziert mit der statistischen Lebenserwartung des Wohnungsberechtigten, festgelegt. Je nach Höhe des Ersatzbetrags kann dies die Interessenten von der Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin abhalten.

 

Rz. 14

Ein solches Recht zur Vermeidung einer doppelten Berücksichtigung beim Verkehrswert und im geringsten Gebot mit Null zu bewerten,[10] ist nicht richtig.[11] Die Übernahme eines bestehen bleibenden Rechts ist Teil der Gegenleistung des Erstehers für das Grundstück. Als gesetzliche Versteigerungsbedingung ist der Zuzahlungsbetrag in den Fäll...

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