Rz. 27
Fraglich erscheint auch, in welchem Maße Beerdigungskosten als Erbfallschulden zu sehen sind.
Der Terminus "standesmäßig" aus § 1968 BGB wurde mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung 1999 entfernt. Jedoch behält der ursprüngliche Begriff seine Bedeutung bis heute. Unter den Kosten einer "standesmäßigen Beerdigung" versteht man solche, die über das Notwendige hinaus gehen und nach entsprechenden Ansichten und Gebräuchen im Umkreis des Erblassers einer würdigen Bestattung zu erfolgen haben. Entscheidend ist hierfür, welche Lebenssituation der Erblasser hatte und welche Leistungssubstanz der Nachlass und die Erben haben. Der Erbe muss aber nicht alle Beerdigungskosten verpflichtend tragen, die nach den anderen Angehörigen erforderlich wären. Mithin schmälern die Beerdigungskosten den Aktivnachlass und folglich auch Pflichtteilsansprüche nach § 2311 BGB.
Rz. 28
Abgezogen werden die Beerdigungskosten als Nachlassverbindlichkeiten von den im Erbscheinsverfahren ermittelten Geschäftswerten. Dies dient dem Schutz des Erben und der Nachlassgläubiger, es soll folglich nur ein begrenzter Teil einer standesmäßigen Beerdigung vom Erben getragen werden, vor allem dann, wenn der Erbe und der Totenfürsorgeberechtigte nicht deckungsgleich sind. Die Rechtsprechung ist deshalb bei der Annahme von Beerdigungskosten als Nachlassverbindlichkeit sehr streng. Aus diesem Grund versteht die Rechtsprechung unter Beerdigungskosten i.S.d. § 1968 BGB nicht die Reisekosten der Angehörigen zur Beerdigung, außer sie trifft eine rechtliche Pflicht, und auch nicht die späteren Kosten der Grabpflege, da diese unter sittliche Pflichten fallen. Sollte jedoch der Erblasser vor seinem Ableben einen Grabpflegevertrag geschlossen haben, sind diese Kosten doch vom Erben zu tragen und Nachlassverbindlichkeiten. Zusätzlich können Grabpflegekosten als Vermächtnis, Auflage oder öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinterlegt sein, die der Erbe auch zu tragen hat. Für die entstehenden Bestattungskosten hat der Bestattungspflichtige zuerst den Nachlass einzusetzen, wenn nötig auch den gesamten Nachlass.
Rz. 29
Grundsätzlich trägt der Erbe gem. § 1968 BGB die Beerdigungskosten des Erblassers; sollte es mehrere Erben geben, haften die Miterben als Gesamtschuldner gem. § 2058 i.V.m. § 421 BGB. Es ist in der Praxis sehr häufig der Fall, dass die Beerdigungskosten als vertragliche Nachlassverbindlichkeiten gegenüber einem Beerdigungsunternehmen entstehen. Hierbei findet eine Beauftragung statt, die zu Nachlasserbenschulden führt. Der Erbe und der Nachlass haften für die Erfüllung gegenüber dem Dritten. Problematisch können hierbei aber auch Anspruchskonkurrenzen sein, wie solche des Auftragsrechts (Handeln mit oder ohne Auftrag) gem. §§ 670, 677, 679, 683 BGB oder solche aus §§ 812, 2022 Abs. 2 und 844 Abs. 1 BGB.
Rz. 30
Wird eine Totenfürsorge durch einen Nichterben durchgeführt, haftet dieser nach außen. Jedoch kann er vom Erben durch den § 1968 BGB bzw. durch die Geschäftsführung ohne Auftrag einen Anspruch auf Aufwendungsersatz erwirken. Die Höhe des Ersatzes ist auf den Begriff der standesmäßigen Beerdigung begrenzt. Bei einer Tätigkeit eines Bestatters ohne Auftrag ist die Rechtsprechung des BGH zu beachten. Sobald der Testamentsvollstrecker ordnungsgemäße Verpflichtungen eingeht, entstehen auch da Nachlassverbindlichkeiten gem. § 2206 BGB.