Dr. iur. Alexander Weinbeer
Rz. 866
Zahlreiche Instanzengerichte haben in den letzten Jahren die Sorgfaltspflichten von Anwälten gegenüber rechtsschutzversicherten Mandanten erheblich ausgeweitet, obwohl die Frage nach dem Rechtsschutz nur einen nebensächlichen Aspekt neben dem hauptsächlichen Mandatsgegenstand bildet und häufig auch kein kostenauslösendes Mandat zur Überprüfung des Rechtsschutzes erteilt wird.
Rz. 867
Umstritten ist schon, ob Anwälte von sich aus gehalten sind, bei Ihren Mandanten das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung zu erfragen. Richtigerweise wird man dies ablehnen müssen, weil es auf der Hand liegt, dass Anwälte nicht kostenlos arbeiten und für ihre Tätigkeit entlohnt werden müssen, ohne dass es darauf ankommt, wo die Mittel zur Bezahlung herkommen und es dem Mandanten in der Regel zuzumuten ist, sie selbst bei seinem Rechtsschutzversicherer anzufordern.
Rz. 868
Würde man daneben von einem Rechtsanwalt verlangen, den Mandanten ohne ausdrücklichen Auftrag und ohne konkrete Anhaltspunkte über sämtliche Aspekte des Versicherungsschutzes nach den ARB vorsorglich aufzuklären, "so würde man unangemessen hohe Anforderungen an die Belehrungspflicht des Rechtsanwalts stellen".
Rz. 869
Trotzdem wird gefordert, dass der Anwalt
▪ |
von sich aus den Rechtsschutz abklärt, wenn er dazu Vorkenntnisse oder es mit einem weniger solventen Mandanten zu tun hat; |
▪ |
dem Rechtsschutzversicherer gegenüber die Obliegenheiten des Mandanten und Versicherungsnehmers als dessen Repräsentant wahrnimmt; |
▪ |
bei der Absicht, nur auf Honorarvereinbarungsbasis zu arbeiten, darauf hinweisen muss, dass Rechtsschutzversicherer nur die gesetzlichen Gebühren zahlen; |
▪ |
auf eine potentielle Erschöpfung der Versicherungssumme jedenfalls bei älteren Rechtsschutzverträgen und größeren Streitwerten hinweist; |
▪ |
anhand der Versicherungsbedingungen, die er ggf. anzufordern hat, genauen Inhalt und Umfang der Rechtsschutzversicherung klärt und den Mandanten berät; |
▪ |
bei Vergleichen stets im Blick behält, dass Versicherer nur im Verhältnis des Obsiegens/Unterliegens die Kosten übernehmen. |
Rz. 870
Praxistipp
Mit Rücksicht auf einen solchen Pflichtenkatalog und der Tatsache, dass – wenn überhaupt – die Rechtschutzprüfung kaum Gebühren abwirft, kann inzwischen nur eine Vorgehensweise empfohlen werden, und zwar den Mandanten darauf hinzuweisen, dass er sich selbst um seinen etwaigen Rechtsschutz kümmern, aber u.U. den eigenen und gegnerischen Anwalt sowie das Gericht selbst bezahlen muss.