Dr. iur. Alexander Weinbeer
Rz. 616
Grds. ist der Rechtsanwalt nicht verpflichtet, seinen Mandanten ungefragt auf die durch einen Vertragsschluss kraft Gesetzes entstehenden Anwaltsgebühren hinzuweisen, da der Mandant ein unentgeltliches Tätigwerden des Rechtsanwalts nicht erwarten darf und dessen Gebühren allgemein zu erfahren sind. Auch ist allgemein bekannt, dass bei einem Unterliegen auch die Kosten der Gegenseite zu tragen sind. Nur auf Verlangen des Auftraggebers hat der Rechtsanwalt die voraussichtliche Höhe des Entgelts mitzuteilen.
Rz. 617
Bei Erforderlichkeit der Aufklärung über die Kosten ist der Rechtsanwalt verpflichtet, den Mandanten möglichst umfassend, richtig, eindeutig und sorgfältig aufzuklären.
Rz. 618
Allerdings kann sich aus besonderen Umständen des Einzelfalles nach Treu und Glauben eine Pflicht des Rechtsanwalts ergeben, auch ohne Frage des Auftraggebers diesen über die voraussichtliche Höhe seiner Vergütung zu belehren, etwa wenn die Höhe der vom Auftraggeber zu zahlenden Gebühren das von ihm verfolgte Ziel wirtschaftlich sinnlos macht. Dabei sind bei der erforderlichen Gesamtwürdigung neben der Schwierigkeit und dem Umfang der anwaltlichen Aufgabe und dem Gegenstandswert auch die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten sowie dessen Vermögensverhältnisse und seine Erfahrung im Umgang mit Rechtsanwälten zu berücksichtigen. Letztlich hängt die anwaltliche Pflicht, den Auftraggeber vor Vertragsschluss über die voraussichtliche Höhe der Vergütung aufzuklären, entscheidend davon ab, ob der Rechtsanwalt nach den Umständen des Einzelfalles ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis des Mandanten erkennen konnte und musste.
Rz. 619
Allerdings ist seit dem 1.7.2004 in § 49b BRAO ein Abs. 5 eingefügt worden, wonach der Rechtsanwalt vor Übernahme des Auftrages darauf hinzuweisen hat, wenn sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert richten. Grund für diese Neuregelung war der Umstand, dass Mandanten vor allem bei hohen Abrechnungen überrascht waren und dies immer wieder zu Unzuträglichkeiten geführt hat.
Rz. 620
Durch einen Verstoß gegen diese vorvertragliche Pflicht des Rechtsanwalts entfällt nicht der Vergütungsanspruch für seine anwaltliche Tätigkeit wie der BGH im Urt. v. 24.5.2007 feststellte, denn § 49b Abs. 5 BRAO enthält kein gesetzliches Verbot, Anwaltsverträge ohne einen solchen Hinweis abzuschließen; § 134 BGB findet daher keine Anwendung. § 49b Abs. 5 BRAO begründet eine vorvertragliche Pflicht, die bei Verstoß hiergegen zu einem Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB begründen.
Rz. 621
Grds. trägt derjenige, der eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet, dafür die Beweislast. Somit muss der Mandant, der wegen einer Verletzung von § 49b BRAO einen Anspruch auf Schadensersatz geltend macht, vortragen und unter Beweis stellen, wie er auf diese ihm fehlende Information reagiert hätte und welcher Kostenschaden ihm dadurch entstanden ist. D.h. der Mandant muss darlegen und beweisen, dass er bei vollständiger und rechtzeitiger Aufklärung den Anwaltsauftrag nicht erteilt hätte. Neben der Beweiserleichterung des § 287 ZPO kann der Beweis auch durch die Regeln des Beweises des ersten Anscheins erleichtert werden, etwa dann, wenn nach der Lebenserfahrung nur eine bestimmte Entscheidung des Mandanten in Betracht gekommen wäre. Die Regeln, die der Senat für Beratungspflichten entwickelt hat, gelten auch für die Verletzung vorvertraglicher Hinweispflichten.
Rz. 622
§ 12a Abs. 1 S. 2 ArbGG stellt eine Ausnahme dar. Danach muss der Rechtsanwalt vor Abschluss der Vereinbarung über die Vertretung in Arbeitsgerichtsprozessen seinen Mandanten darauf hinweisen, dass die Anwaltskosten erster Instanz auch bei Obsiegen im Rechtsstreit nicht von der unterliegenden Gegenseite zu tragen sind (siehe Rdn 111). Ein Verstoß gegen diese vorvertragliche Pflicht kann zu einem Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB führen. Auch bei Gewährung von Prozesskostenhilfe entfällt die Belehrungspflicht nicht, da von den Parteien unter Umständen Zahlungen geleistet werden müssen, weil sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Vierjahresfrist des § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO verbessert haben.
Rz. 623
Der Rechtsanwalt unterliegt allerdings nicht der Pflicht, den Mandanten über dessen grundsätzliche finanzielle Möglichkeit der Kostentragung zu befragen. Er ist jedoch verpflichtet den Mandanten, sollte dieser über keine oder nicht ausreichende finanzielle Mittel verfügen, auf die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe (siehe Rdn 715 ff.) und der Beratungshilfe hinweisen.
Rz. 624
Wird der Rechtsanwalt allerdings zu den voraussichtlich entstehenden Kosten befragt, so ist er verpflichtet entsprechende Auskunft zu erteilen. Diese muss dann genau erfolgen, sodass der Mandant die Höhe der zu erwartenden Kosten sicher überblicken kann.
Rz. 625
Der Rechtsanwalt hat auch im Bereich des Familienrechts über Kosten zu beraten. Soll er ...